Bürger dürfen bald bei Großprojekten mitreden

Warum ein solches Handbuch?Die Minister ziehen damit die Konsequenzen aus dem Streit um den Bahnhof Stuttgart 21 sowie dem Umstand, dass der Bau großer Infrastrukturprojekte inzwischen wegen Widerstände Jahrzehnte dauern kann

Warum ein solches Handbuch?Die Minister ziehen damit die Konsequenzen aus dem Streit um den Bahnhof Stuttgart 21 sowie dem Umstand, dass der Bau großer Infrastrukturprojekte inzwischen wegen Widerstände Jahrzehnte dauern kann. Laut Handbuch fühlen sich viele Menschen bei den Planungen übergangen, eine Beteiligung erfolge oft nicht kontinuierlich oder auch nicht so, dass Unterlagen verständlich seien. Schneller bauen und Betroffene zu Beteiligten machen, so lautete gestern die ministerielle Losung.

Für wen ist der Leitfaden gedacht?

Passgenaue Lösungen gibt es nicht, weil jedes Großprojekt anders ist. Deshalb handelt es sich bei dem Leitfaden auch nur um einen "Werkzeugkasten" für Behörden und Projektträger. Verpflichtend ist er nicht.

Was wird konkret angeregt?

In der frühen Planungsphase sollen die zuständigen Fachleute den Bürger mit Internetauftritten und ersten Informationsveranstaltungen einbinden. Wenn es dann in die vorläufigen Planungen geht, sollen sachverständige Bürger und Verbände unterstützend eingeladen werden, für die planerischen Details werden Ortsbesichtigungen, Dialogforen, runde Tische und Projektbeiräte vorgeschlagen. Als Beispiele für vorbildliche Bürgerbeteiligung gelten laut Verkehrsministerium die Projekte der Rheintalbahn Karlsruhe-Basel, die Hinterlandanbindung zur Fehmarnbelt-Querung, der Brennerzulauf und der Ausbau der A 8 von Rosenheim zur Bundesgrenze.

Gibt es nicht schon gesetzlich vorgeschriebene Beteiligungsverfahren?

Reichlich. Auch bei Stuttgart 21, so Ramsauer, seien alle Beteiligungsvorgaben eingehalten worden, nur habe sie keiner zur Kenntnis genommen. Laut Friedrich wird das "Meinungsverfahren" deutlich verbreitert und ausgeweitet.

Verzichtet die Koalition damit auf gesetzgeberische Pläne?

Nein. Kürzlich hat die Regierung ein "Planungsvereinfachungsgesetz" beschlossen, mit dem Konflikte vermieden und die gerichtliche Anfechtung von Behördenentscheidungen reduziert werden sollen. Das Gesetz soll im Herbst in Kraft treten.

Bis zum 9. Mai kann jeder Vorschläge einreichen, was noch ins Handbuch aufgenommen werden soll.

bmvbs.de

Foto: dpa

Meinung

Die Quadratur des Kreises

Von SZ-KorrespondentHagen Strauß

Es hat etwas von der Quadratur des Kreises, die Bürger stärker bei Großprojekten einbinden und gleichzeitig Planungen beschleunigen zu wollen. Das eine geht nicht ohne Abstriche beim anderen. Insofern sind die Vorschläge der beiden Minister Ramsauer und Friedrich zwar lobenswert. Aber ob sie auch praxistauglich sein und Anwendung finden werden, steht noch in den Sternen. Es liegt nun mal in der Natur der Sache, dass Großprojekte mitunter auch großen und dauerhaften Widerstand hervorrufen. Auch die Idee der Minister wird daran nicht viel ändern können.

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