Rücksendeaktion geplant Asiaten stinkt der Plastikmüll aus Europa

Bangkok · Malaysia und andere betroffene Länder schicken den Abfall jetzt zurück an den Absender – auch nach Deutschland.

 Arbeiter mit Atemschutzmasken öffnen einen Container mit Plastikmüll, den die Behörden in einem Hafen in Malaysia beschlagnahmt haben.

Arbeiter mit Atemschutzmasken öffnen einen Container mit Plastikmüll, den die Behörden in einem Hafen in Malaysia beschlagnahmt haben.

Foto: dpa/Vincent Thian

Nachts ist der Gestank in Sungai Petani immer besonders schlimm. Nachts, wenn rund um die Stadt in Malaysias Norden die illegalen Müllverbrennungsanlagen wieder ihre Öfen hochfahren, damit niemand so genau sieht, was für ein Dreck oben herauskommt. Wenn der Tag anbricht, haben sich die schwarzen Wolken meist wieder verzogen und auch ein Teil des Gestanks. Der säuerliche Geruch der vielen wilden Abfallhalden hier in der Gegend ist dann allerdings immer noch da.

In Sungai Petani, fast an der Grenze zu Thailand, und in anderen Gegenden Malaysias lagert nicht nur Plastikabfall aus der näheren Region. Hier finden sich bergeweise auch Kunststoffreste aus Ländern, die sehr weit entfernt sind: aus der Europäischen Union, Kanada und den USA; es sind Plastikbecher ebenso wie Wasserflaschen und Kondomverpackungen.

130 000 Tonnen Müll aus Deutschland

Seit China seine Grenzen für praktisch alle verunreinigten Kunststoffreste vergangenes Jahr dicht gemacht hat, sind Länder wie Malaysia das neue Ziel. Allein aus Deutschland kamen 2018 nach vorläufigen Zahlen des Umweltbundesamtes etwa 130 000 Tonnen mehr oder weniger sortierter Plastikabfall in das südostasiatische Land. 2017 waren es erst 75 000 Tonnen gewesen. Nach Vietnam gingen 57 000, nach Indonesien 64 000, nach Indien 68 000 und nach Hongkong 73 000 Tonnen.

Jetzt allerdings wollen manche der ärmeren Staaten, die schon die eigenen Müllprobleme nicht in den Griff bekommen, nicht länger mitmachen. Sie schicken illegalen Abfall zurück. Malaysia ist dabei eine Art Vorreiter. „Wir sind nicht die Müllkippe der Welt“, sagt Umweltministerin Yeo Bee Yin. „Wir wehren uns. Das ist auch eine Frage der Würde und Souveränität.“ Laut einer Greenpeace-Studie kamen 2018 aus den zehn wichtigsten Importländern – neben Deutschland auch andere große Industrienationen wie die USA, Großbritannien, Kanada und Japan – mehr als 626 000 Tonnen Plastikmüll ins Land. Das sind mehr als 15 600 Schiffscontainer.

Deutschland weltweit auf Platz drei der Exporteure

Vermutet wird, dass es in Wahrheit um einiges mehr ist. Die Kontrollen in den Häfen sind oft nicht gründlich, Korruption ist weit verbreitet. Die Umweltministerin kündigte nun an, zumindest 3000 Tonnen illegal importierten Mülls in die Herkunftsländer zurückzubringen. Das ist nur ein minimaler Teil, aber immerhin.

„Spätestens ab 2021 soll der Export von verschmutzten Plastikabfällen in Entwicklungs- und Schwellenländer aus der EU unterbunden werden können“, teilte Umweltministerin Svenja Schulze am Donnerstag mit. „Wir wachen erst dann auf, wenn zuerst China und dann Malaysia und andere Staaten nicht mehr bereit sind, unseren Abfall abzunehmen“, kritisierte der Chef der Naturschutzbund-Organisation BUND, Hubert Weiger. Er stellte am Donnerstag einen „Plastikatlas“ vor. Bei den Plastikmüll-Exporteuren darin auf Platz drei: Deutschland, hinter den USA und Japan.

„Krieg“ um Rückführung des Plastikmülls

In anderen Staaten der Region ist die Stimmung ähnlich wie in Malaysia. In Vietnam musste vergangenes Jahr einer der größten Häfen die Annahme weiteren Abfalls einstellen, weil sich dort mehr als 8000 Container Plastik- und Papiermüll angesammelt hatten. Alles in allem lagern in dem Land schon mehr als 23 000 Container. In Thailand beschlagnahmten die Behörden bei einer einzigen Razzia mehr als 50 Tonnen illegal importierte Kunststoffe.

 Umweltministerin Yeo Bee Yin sagt stopp: Malaysia will keinen Plastikmüll mehr.

Umweltministerin Yeo Bee Yin sagt stopp: Malaysia will keinen Plastikmüll mehr.

Foto: dpa/Vincent Thian
 Export_von_Plastikmuell

Export_von_Plastikmuell

Foto: SZ/Steffen, Michael

Besonders groß ist der Unmut auf den Philippinen. Hier schaukelte sich ein Streit um mehr als 100 Container Müll aus Kanada sogar zu einer ernsthaften diplomatischen Krise hoch. Präsident Rodrigo Duterte drohte sogar mit „Krieg“. Inzwischen ist der Frachter „MV Bavaria“ mit 69 Containern auf dem Weg über den Pazifik. In der zweiten Juni-Hälfte soll er in Vancouver ankommen. Was dann passiert, ist noch nicht geklärt.

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