Greta Thunberg nutzt Medienhype Schwierige Verhandlungen beim Klimagipfel in Madrid

Madrid · Riesiger Andrang, Dutzende Kameras, gestresste Türsteher: Auf der UN-Klimakonferenz in Madrid ist die Aktivistin Greta Thunberg mit großem Rummel empfangen worden. Die Schwedin nutzte die Aufmerksamkeit am Montag aber vor allem, um anderen Gehör zu verschaffen.

 Klimaaktivistin Greta Thunberg wurde auf der Konferenz in Madrid mit großem Rummel empfangen.   Foto:  Comas/ap

Klimaaktivistin Greta Thunberg wurde auf der Konferenz in Madrid mit großem Rummel empfangen. Foto:  Comas/ap

Foto: AP/Andrea Comas

Sechs junge Menschen von den Marshallinseln, den Philippinen, aus Uganda und weiteren Ländern berichteten von den bedrohlichen Folgen des Klimawandels für ihre Heimat. Unterdessen rangen Fachleute aus knapp 200 Staaten um Regeln für eine Zusammenarbeit beim Klimaschutz. Auch Minister werden in der zweiten Gipfelwoche erwartet.

„Wir haben bemerkt, dass wir einige Medienaufmerksamkeit bekommen“, sagte Thunberg, die gemeinsam mit ihrer deutschen Mitstreiterin Luisa Neubauer eingeladen hatte. Nicht ihre Geschichte müsse gehört werden, sondern vor allem die der Menschen im globalen Süden. „Denn der Klimanotfall ist nicht nur etwas, das uns in der Zukunft betrifft“, sagte sie. „Er betrifft schon heute zahllose Menschen.“ Die jungen Aktivisten berichteten von Überschwemmungen, Dürren, Überfischung und Krankheiten in ihren Heimatländern. Wissenschaftlern zufolge wächst das Risiko solcher extremen Wetterereignisse mit dem Klimawandel stark.

„Wir bezahlen für etwas, das wir nicht verursacht haben – denn wir produzieren weniger als 0,00001 Prozent der weltweiten Treibhausgas-Emissionen“, sagte ein Umweltschützer von den Marshallinseln, einem der kleinsten Staaten der Erde. „Unsere Leben sind nicht verhandelbar“, mahnte eine Aktivistin aus Chile. Später demonstrierten junge Leute von Fridays for Future im Freien lautstark singend und hüpfend für mehr Tempo beim Klimaschutz.

Mit den Fortschritten der Klimakonferenz dürften sie bisher kaum zufrieden sein. Umwelt-Staatssekretär Jochen Flasbarth warnte vor überzogenen Erwartungen. Viele rechneten damit, dass Staaten schon jetzt ehrgeizigere nationale Pläne zum Einsparen von Treibhausgasen vorlegten. „Das ist aber nicht wirklich auf der Agenda“, sagte er. Der Zeitplan sehe vor, das zum nächsten Klimagipfel im nächsten Jahr in Glasgow zu machen.

Ziel der Konferenz in Madrid ist unter anderem, letzte Lücken im Regelwerk zur Umsetzung des Pariser Klimaabkommens zu schließen – mit diesem Abkommen soll die Erderwärmung auf deutlich unter zwei Grad begrenzt werden. Konkret geht es um Marktmechanismen, nach denen Länder beim Klimaschutz zusammenarbeiten können – sodass ein Land, aber auch Städte oder Unternehmen sich Treibhausgas-Minderungen anrechnen können, die sie in einem anderen Land finanzieren.

„Gerade dieses Thema muss absolut sorgfältig und wasserdicht ausverhandelt sein“, sagte Flasbarth. Es dürften keine Schlupflöcher entstehen, sonst funktioniere der Markt für Klimaschutz nicht. Man wolle zwar diesmal zum Abschluss kommen, „aber nicht um jeden Preis“.

Beobachter kommentierten die Verhandlungen besorgt. Es sei völlig unklar, ob die Länder sich einigten, sagte Klimaexpertin Ann-Kathrin Schneider vom BUND. Die Gefahr bestünde, dass Länder die Regeln nutzen könnten, um weniger Klimaschutz zu Hause zu machen. Von Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) und dem in der EU für Klimaschutz zuständigen Frans Timmermans erwarte sie, dass sie sich für Klimaschutz in Deutschland und Europa aussprächen. Die Regelung dürfe nicht zum „Verschiebebahnhof von klimapolitischer Verantwortung“ werden. Schulze wollte ab Dienstag an den Verhandlungen teilnehmen.

Auch Grünen-Klimapolitikerin Lisa Badum sah die Verhandlungen an einem „gefährlichen Punkt“. Wenn sich China, Brasilien und andere mit ihren Vorstellungen durchsetzten, sei der globale Klimaschutz ernsthaft bedroht. „Sind die Regeln dort zu großzügig, entsteht ein großes Risiko, dass Staaten als Trittbrettfahrer ihre Klimaziele nur mit eingekauften Zertifikaten erreichen und weiter auf billige fossile Energien setzen.“

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