Tempolimits im Nachbarland Augen auf bei der Frankreich-Fahrt

Paris · Tempo 80, 90, ja was denn jetzt? Auf den Landstraßen im Nachbarland herrscht Chaos. Das hat mit gelben Westen zu tun.

 22 000 Schilder mit Tempo 80 wurden auf Frankreichs Landstraßen neu aufgestellt. Viele müssen jetzt wieder weg, weil die Politik vielerorts zurückkehrt zu Tempo 90 – auch in fast allen Teilen der Saar-Nachbarregion Grand Est.

22 000 Schilder mit Tempo 80 wurden auf Frankreichs Landstraßen neu aufgestellt. Viele müssen jetzt wieder weg, weil die Politik vielerorts zurückkehrt zu Tempo 90 – auch in fast allen Teilen der Saar-Nachbarregion Grand Est.

Foto: dpa/Philippe Desmazes

Wer diesen Sommer auf Frankreichs Straßen unterwegs ist, sollte die Augen besonders weit aufmachen – nicht nur wegen der schönen Landschaft, sondern wegen der etwas verwirrenden Geschwindigkeitsangaben. Seit Juli 2018 gilt auf zweispurigen Landstraßen ohne Mittelleitplanke zwar generell Tempo 80. Doch inzwischen gibt es in vielen Départements Ausnahmen und man darf wieder mit 90 Kilometern pro Stunde unterwegs sein.

Zu verdanken haben die Autofahrer diese überraschende Entscheidung der großen Politik in Paris. Treibende Kraft hinter dem Tempolimit 80 war Premierminister Edouard Philippe. Seine Gründe sind durchaus einleuchtend. Es werde Sprit gespart und die Zahl der Verkehrstoten sollte gesenkt werden, schließlich ist Raserei die Todesursache Nummer Eins im französischen Straßenverkehr. 300 bis 400 Menschenleben wollte der Premier auf diese Weise retten.

Doch im Herbst gingen die ersten Gelbwesten, jene Wutbürger aus der Peripherie Frankreichs, auf die Straße und forderten vor allem zwei Dinge: die Rücknahme einer Steuererhöhung auf Kraftstoff und das Ende der neuen Geschwindigkeitsregelung. Präsident Emmanuel Macron suchte nach einer Möglichkeit, die Gemüter zu besänftigen und entschied sich, das neue Tempolimit wieder zu kassieren. Dass er mit diesem Schritt seinen Premierminister vor den Kopf stieß, der sich für das in der Bevölkerung unpopuläre Projekt verkämpft hatte, war dem Staatschef egal, er kümmerte sich vor allem um die eigenen Umfragewerte. Um den Regierungschef allerdings nicht völlig bloßzustellen, hieß es schließlich: Es gelte in Frankreich generell weiter Tempo 80 auf Landstraßen, doch die Départements und Gemeinde könnten Ausnahmeregelungen zulassen – wovon viele weidlich Gebrauch machen wollen.

Vor die freie Fahrt für Franzosen und Besucher haben die Gesetzgeber allerdings ein kleines Problem gestellt: Die eben erst montierten neuen 80er-Schilder müssen wieder durch die alten 90er-Schilder ersetzt werden. In ganz Frankreich sind es auf den insgesamt 400 000 Kilometern betroffener Landstraße rund 20 000. Das könne, so heißt es aus den Départements, noch einige Monate dauern, zumal die Maßnahme landesweit mehrere Millionen Euro verschlingen wird.

In der an Deutschland – unter anderem an das Saarland – grenzenden Region Grand Est wollen immerhin acht der zehn Départements zur alten Regelung zurück. Das heißt aber: Wer im Département Meurthe-et-Moselle (Nancy) und Ardennes unterwegs ist, sollte den Fuß vom Gas nehmen. Dort gilt auf Landstraßen weiter Tempo 80 – vorerst zumindest. Mathieu Klein, Präsident von Meurthe-et-Moselle, kündigte an, dass die Geschwindigkeitsbegrenzung vorerst nur bis Juni 2020 gelten solle, danach werde man noch einmal entscheiden, ob sich das Département der Mehrheit im Grand Est anschließt und wieder Schilder mit Tempo 90 aufstellt.

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