S-Bahn-Chaos legt Berlin lahm

Berlin. Ein entrüsteter Passagier macht sich Luft: "Ich werd' irre!", schimpft er lauthals. Der plötzliche Stillstand der Berliner S-Bahn hat ihm wie Tausenden anderen Fahrgästen einen Strich durch die Rechnung gemacht. Und dabei habe er extra seinen Wagen in Lichterfelde abgestellt, um mit der Bahn zu fahren, seufzt er. Bis zu drei Stunden stehen die Züge gestern Mittag still

Berlin. Ein entrüsteter Passagier macht sich Luft: "Ich werd' irre!", schimpft er lauthals. Der plötzliche Stillstand der Berliner S-Bahn hat ihm wie Tausenden anderen Fahrgästen einen Strich durch die Rechnung gemacht. Und dabei habe er extra seinen Wagen in Lichterfelde abgestellt, um mit der Bahn zu fahren, seufzt er.Bis zu drei Stunden stehen die Züge gestern Mittag still. Selbst die an Probleme mit ihrer S-Bahn gewöhnten Berliner stellt der Stromausfall in einem Stellwerk auf eine harte Probe. Besonders schwer trifft es diejenigen, die im Zug eingeschlossen in Tunnels ausharren müssen. Eine dieser S-Bahnen rollt schließlich im Schritttempo im S-Bahnhof Potsdamer Platz ein. "Ich habe eine Stunde im Tunnel festgesteckt", erzählt ein Fahrgast. "Panik gab es aber nicht." Das Licht sei angeblieben, der Zugführer habe sie regelmäßig informiert. "Wir haben uns nicht alleine gelassen gefühlt, aber die Durchsagen waren teilweise widersprüchlich."

In ganz Berlin starren ratlose Fahrgäste auf U-Bahn-Pläne oder sprechen genervt in ihre Handys. "Wir haben ja getan, was wir konnten", sagt ein Bahn-Mitarbeiter. Er sei extra zur Arbeit gerufen worden. In einer orangefarbenen Warnweste gibt er Reisenden Tipps zu alternativen Fahrtrouten. Ein Zugführer hat ob der vielen Fragen aufgegeben und die Tür seiner Fahrerkabine geschlossen.

Am Bahnhof Friedrichstraße starren vier seiner Kollegen an einem Info-Schalter auf ihre Bildschirme, vor ihnen eine Menschentraube. Im Minutentakt schütteln die Bahn-Leute ihre Köpfe: "Da fährt nichts."

Andere machen das Beste aus der Situation. Drei Touristen aus dem Schwarzwald - Oma, Opa und Enkel - entscheiden nach einem Blick auf ihren Plan: "Na, dann schauen wir uns halt das Olympiastadion an. Da kommen wir mit der U-Bahn hin."

Viele Passagiere sind geduldig. Einige bleiben gleich dort, wo sie sind: Seit einer Stunde sitzt Gisela Schulz an der Friedrichstraße in einem Zug der Linie S 5. "Ich habe mir zwischendurch mal die Beine vertreten und etwas zu Essen geholt", sagt die 77-Jährige. "Ich bleibe jetzt sitzen, bis er fährt." Wenigstens sei es warm. Andere Fahrgäste vertreiben sich die Zeit mit Zeitungslektüre.

Gegen 14.45 Uhr fährt am Potsdamer Platz der erste S-Bahn-Zug Richtung Wannsee ab. Erleichterung macht sich breit. Überfüllt sind die Züge nicht - viele sind offenbar inzwischen auf andere Verkehrsmittel umgestiegen.

Ursache für den Stromausfall war laut Deutscher Bahn "ein technischer Defekt bei planmäßigen Wartungsarbeiten". Dabei sei ein sogenannter Wechselrichter zerstört werden. Die Folge war ein Stromausfall in der S-Bahn-Betriebszentrale in Berlin-Halensee. Von dort wird etwa die Hälfte des S-Bahn-Netzes elektronisch gesteuert. "Ich bleibe jetzt sitzen, bis er fährt."

Eine 77-jährige Passagierin

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