Das Frühchen-Drama von Bremen

Bremen. Nach dem Tod von zwei weiteren Frühchen wird die Frühgeborenenstation des wiederholt in die Schlagzeilen geratenen Klinikums Bremen-Mitte geschlossen. Die Frühgeborenen waren mit gefährlichen Krankenhauskeimen befallen. Das gab die Bremer Gesundheitssenatorin Renate Jürgens-Pieper (SPD) nach Angaben einer Sprecherin gestern bekannt

 Die Bremer Frauenklinik mit der Frühchen-Station. Foto: DPA

Die Bremer Frauenklinik mit der Frühchen-Station. Foto: DPA

Bremen. Nach dem Tod von zwei weiteren Frühchen wird die Frühgeborenenstation des wiederholt in die Schlagzeilen geratenen Klinikums Bremen-Mitte geschlossen. Die Frühgeborenen waren mit gefährlichen Krankenhauskeimen befallen. Das gab die Bremer Gesundheitssenatorin Renate Jürgens-Pieper (SPD) nach Angaben einer Sprecherin gestern bekannt. Ob die neuen Todesfälle mit den immer wieder auftretenden antibiotikaresistenten ESBL-Klebsiellen zusammenhingen, sei unklar, betonte die Sprecherin. Fest stehe bisher nur, dass Keime dieses Typs auch an diesen Kindern nachgewiesen worden seien.Auf der Station waren bereits in den vergangenen Monaten mehrfach Babys von Keimen befallen worden, drei von ihnen starben.

Eines der beiden kürzlich verstorbenen Kinder, ein sehr kleines und kaum lebensfähiges Frühgeborenes mit einem Gewicht von 500 Gramm, habe an einer Blutvergiftung gelitten. Das andere, ein Baby von rund 3000 Gramm, habe sich seit der Geburt in einem äußerst "instabilen" Zustand befunden und sei offenbar an Versagen von Körperfunktionen gestorben. Den Angaben zufolge starb eines der Kinder bereits am Montag, das zweite in der Nacht zu gestern. Zunächst hatten die Behörden gemeldet, dass beide Babys in der Nacht zu gestern an einer Blutvergiftung gestorben seien.

Im vergangenen Jahr waren auf der Station mindestens drei Frühchen an einer Infektion mit ESBL-Klebsiellen gestorben, die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen des Verdachts auf fahrlässige Tötung in sechs Fällen. Die Station war daraufhin geschlossen und aufwändig desinfiziert worden.

Vor wenigen Tagen waren jedoch erneut Keime des selben Stamms an drei Frühgeborenen entdeckt worden, die sich aber nicht infizierten. Daraufhin wurde ein Aufnahmestopp verhängt. Nach den neuen Todesfällen werde die Abteilung nicht wieder öffnen, sagte die Sprecherin der Gesundheitssenatorin: "Wir schließen die Station."

Die Quelle für die tödliche Infektionswelle vom vergangenen Jahr wurde nicht gefunden, die Untersuchungen brachten kein Ergebnis. Auch die Ursache für das erneute Auftreten der ESBL-Klebsiellen in jüngster Zeit ist bisher unbekannt.

Jürgens-Pieper stellte gestern zugleich den Chef des Klinikbetreibers Gesundheit Nord frei. Sie begründete den Schritt mit einem "schleichenden Vertrauensverlust" und Zweifeln am Krisenmanagement des Krankenhauses.

In den vergangenen Tagen waren während der Aufarbeitung der Vorgänge in der Klinik unter anderem Akteneinträge bekannt geworden, denen zufolge schon 2009 ESBL-Klebsiellen auf der Station nachgewiesen worden waren. Es wurden sogar einige Keimproben von damals in einem Kühlschrank entdeckt. afp

Hintergrund

 Die Bremer Frauenklinik mit der Frühchen-Station. Foto: DPA

Die Bremer Frauenklinik mit der Frühchen-Station. Foto: DPA

Klebsiellen sind Bakterien, die im Darm jedes Menschen vorkommen. Sie werden zu gefährlichen ESBL-Keimen, wenn sie mutieren und widerstandsfähiger gegen Antibiotika werden, was eine Behandlung von Infektionen erschwert. Die Erreger sind für Erwachsene zwar harmlos, Frühchen ohne funktionierendes Immunsystem sind jedoch bedroht. ESBL-Klebsiellen sind typische Krankenhauskeime, die in Kliniken durchaus öfter vorkommen. Meist handelt es sich aber eher um Einzelfälle, wiederholte Ausbrüche wie auf der Frühgeborenenstation in Bremen sind selten. dpa

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