Das Emsland nimmt Abschied vom Transrapid

Lathen. "Samtgemeinde Lathen - Hier wächst die Zukunft!" Der Spruch, mit dem der etwa 10000 Einwohner zählende Verbund von sechs Dörfern für sich wirbt, trügt jedoch. Seit kurzem ist so gut wie sicher, dass für die am Rande Lathens gelegene Transrapid-Versuchsstrecke ab Juni 2009 das Aus kommen wird. In der Region im Emsland macht sich Enttäuschung breit

Lathen. "Samtgemeinde Lathen - Hier wächst die Zukunft!" Der Spruch, mit dem der etwa 10000 Einwohner zählende Verbund von sechs Dörfern für sich wirbt, trügt jedoch. Seit kurzem ist so gut wie sicher, dass für die am Rande Lathens gelegene Transrapid-Versuchsstrecke ab Juni 2009 das Aus kommen wird. In der Region im Emsland macht sich Enttäuschung breit. Bürgermeister Karl-Heinz Weber bewertet die drohende Schließung als "niederschmetternd". In Lathen gibt es ein beheiztes Freibad, fast alle Häuser sind aus rotem Klinker gebaut. Das Leben findet hier nicht auf der Überholspur statt. Dabei vermeldete der Ort einst Weltrekorde. Mit 412,6 Kilometern pro Stunde raste der Transrapid im Dezember 1987 über die Teststrecke. Die 31,8 Kilometer lange Magnetschwebebahntrasse war viereinhalb Jahre zuvor in Betrieb genommen worden. Die Technologie war schon in den 30er Jahren von Hermann Kemper erfunden worden, der in Nortrup, etwa 50 Kilometer von Lathen entfernt, geboren wurde. Damals galt die elektromagnetische Bahn als Technologie der Zukunft, die es ermöglichen sollte, die Strecke zwischen Berlin und Hamburg in 15 Minuten zu bewältigen.Unglück fordert 23 Tote Ganz so schnell hätte es der Transrapid dann doch nicht geschafft. Bahnchef Mehdorn hatte das Interesse an dem Projekt schließlich verloren, weil ein ICE zwischen Berlin und Hamburg nur 20 Minuten mehr benötigt als in der Praxis ein Transrapid. In Lathen meint man denn auch, die Schuldigen für das Scheitern zu kennen. Rentner Rudolf Fischer zitiert einen Satz, den er vor 15 Jahren von einem Ingenieur gehört hat: "So lange die Bahn beim Transrapid mitmischt, wird das nichts." Er glaubt, dass der Transrapid politisch nicht gewollt ist. Wenn der Transrapid nicht mehr fahre, "dann ist in Lathen nichts mehr los", sagt eine Geschäftsfrau. Ihr Nachbar arbeite an der von Siemens und ThyssenKrupp betriebenen Strecke. Mittlerweile sei der schon auf der Suche nach einem neuen Job. So lang wie die Versuchsstrecke in Lathen ist auch der Weg vom Flughafen ins Finanzzentrum von Schanghai. Dort befindet sich die weltweit einzige Strecke, auf der der Transrapid im Alltag eingesetzt wird. Den ehemaligen chinesischen Ministerpräsidenten Zhu Rongji hatte Bürgermeister Weber einst in Lathen begrüßt, ebenso drei Bundeskanzler. Jetzt ist Weber einfach nur enttäuscht. Es sei kaltschnäuzig, wie die Industrie das Projekt fallen lasse. Auch seien 60 Jobs von der Schließung betroffen.Einen tragischen Einschnitt in die guten Jahre bildete das Transrapid-Unglück, bei dem im September 2006 23 Menschen starben - eine Magnetbahn war mit Tempo 170 auf einen Werkstattwagen aufgefahren. Bis dahin waren jährlich um die 50000 Touristen nach Lathen gekommen, um die Zukunft kennenzulernen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort