Pulverfass Spanien Die Katalonien-Krise ist eine Gefahr für ganz Europa

Die Krise in Katalonien droht außer Kontrolle zu geraten: Die Spannungen zwischen den Separatisten in Barcelona und der spanischen Zentralregierung in Madrid werden immer größer. Und es sieht derzeit nicht danach aus, als ob eine der beiden Seiten nachgeben wollte. Auch das Machtwort von Spaniens König Felipe wird daran wenig ändern: Er prangerte mit harten Worten die katalanische Regierung an, die einseitig, illegal und gegen einen bedeutenden Teil der eigenen Bevölkerung die Unabhängigkeit durchpeitschen will. Und er forderte Spaniens Regierung und Justiz auf, diese gesetzeswidrige Abspaltung zu stoppen.

ÜS
Foto: SZ/Robby Lorenz

Die Separatisten werden sich dadurch jedoch nicht aufhalten lassen. Sie wollen schon in Kürze und gegen alle demokratischen Spielregeln die Unabhängigkeit erklären. Die offene Konfrontation gehört zu ihrem Plan der kalkulierten Eskalation. Schon die letzten Tage zeigten, wohin dies führt: Erst stürmten Knüppelkommandos der spanischen Polizei Wahllokale, um mit Gewalt das illegale Unabhängigkeitsreferendum zu unterbinden. Ein von Spaniens Regierung angeordneter Irrsinn, der die ganze Welt empörte – und zu dem König Felipe leider kein Wort verlor. Dann folgten große Demonstrationen in vielen katalanischen Städten gegen die sinnlose Gewalt.

Die Stimmung auf den Straßen Kataloniens ist äußerst gespannt. Die Fronten scheinen unversöhnlich. Katalonien, wo der Konflikt jahrelang nur auf niedriger Flamme kochte, hat sich über Nacht in ein Pulverfass verwandelt. Das ist eine gefährliche Entwicklung. Nicht nur für Spanien, sondern für ganz Europa. Die Katalonienkrise ist zwar bisher nur ein regionaler Brand im Nordosten Spaniens, er könnte sich aber bald zu einem Flächenbrand ausweiten, wenn er nicht schnellstens gelöscht wird.

Andere Regionen wie das Baskenland, Valencia und sogar die Balearen mitsamt Mallorca sehen sich beflügelt. Auch dort wächst der regionale Nationalismus. Und auch dort gingen zuletzt Tausende auf die Straße und forderten ebenfalls ein Unabhängigkeitsreferendum. Ein Grund mehr, um schleunigst nach einer Lösung für Katalonien zu suchen. Angesichts der Kompromisslosigkeit beider Seiten ist es keine schlechte Idee, nach einer neutralen Vermittlerkommission, vielleicht sogar unter Schirmherrschaft der EU, Ausschau zu halten. Die Vermittler müssten allerdings beiden Seiten zunächst einmal ein paar unbequeme Tatsachen ins Stammbuch schreiben.

Dazu gehört der klare Hinweis, dass Unabhängigkeitsreferenden in demokratischen Staaten nicht mit der Brechstange durchgesetzt werden können. Und es müsste sehr deutlich gemacht werden, dass sich dieser Konflikt mit brutalen Knüppeleinsätzen und Tränengas nicht lösen lässt.

Wie könnte also eine Lösung aussehen? In Schottland oder im kanadischen Quebec durften die Bürger ganz legal über ihre Unabhängigkeit abstimmen. In beiden Fällen entschied sich die Mehrheit dagegen. Um solche Referenden zu erlauben, ist freilich erheblicher politischer Mut erforderlich. Und in Spanien zudem der Wille, die Verfassung zu ändern.

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