Nach Glyphosat-Prozess in den USA Monsanto-Urteil lässt Bayer-Aktie abstürzen

Frankfurt · Die Anleger fürchten hohe Risiken, nachdem die US-Tochter Monsanto zu 289 Millionen Dollar Schadenersatz verurteilt wurde.

 Wie gefährlich ist Roundup wirklich? Diese Frage beschäftigt jetzt die US-Gerichte in mehreren Prozessen.

Wie gefährlich ist Roundup wirklich? Diese Frage beschäftigt jetzt die US-Gerichte in mehreren Prozessen.

Foto: dpa/Jeff Roberson

Das US-Urteil gegen den Saatgutkonzern Monsanto wegen angeblich verschleierter Gefahren beim Pflanzenwirkstoff Glyphosat hat für einen herben Kurseinbruch bei der Bayer-Aktie gesorgt. Der Wert sackte bis gestern Mittag um mehr als zwölf Prozent auf 80,70 Euro und damit auf den niedrigsten Stand seit Juli 2013. Bayer steckt mitten in der Übernahme des Saatgut­riesen aus den USA.

Ein US-Gericht hatte am späten Freitagabend Monsanto zu 289 Millionen US-Dollar (254 Mio Euro) Schadenersatz an einen Krebspatienten verurteilt, der Glyphosat für sein Leiden verantwortlich macht. Der 46-jährige Dewayne Johnson hatte als Platzwart in kalifornischen Schulen häufig mit dem Monsanto-Unkrautvernichter Roundup hantiert, in dem Glyphosat enthalten ist. Er wirft dem US-Unterehmen vor, die Krebsgefahr des Wirkstoffs zu verschweigen.

Seit Jahren wird in ganz Europa über die Zulassung von Glyphosat gestritten. Die EU-Kommission verwies gestern in Brüssel auf die Entscheidung vom Dezember, das Mittel grundsätzlich weitere fünf Jahre auf dem Markt zu lassen. Daran soll sich nach Angaben der Kommission nichts ändern. Es liege aber in der Hand der Mitgliedstaaten, Lizenzen für die Nutzung zu erteilen.

In Deutschland hat die Entscheidung der US-Richter aus Sicht der Bundesregierung keinen Einfluss auf die hier geplanten Einschränkungen. Sie betreffe Gesundheitsaspekte für Menschen, sagte ein Sprecher des Umweltministeriums am Montag in Berlin. Im Fokus der Bundesregierung stehe aber die wissenschaftlich klar belegte Beeinträchtigung der Artenvielfalt bei der Massenanwendung des Mittels.

Die Frage, ob Glyphosat Krebs auslöst oder nicht, ist seit Jahren umstritten. Monsanto verweist auf mehr als 800 wissenschaftliche Studien und Bewertungen, unter anderem auch der US-Umweltbehörde EPA, der Nationalen Gesundheitsinstitute und anderer Behörden weltweit, denen zufolge von dem Unkrautvernichter keine Gefahr ausgeht. Die Weltgesundheitsorganisation WHO dagegen bezeichnet das Mittel als „wahrscheinlich krebserregend“ für Menschen.

Glyphosat-Gegner werfen Monsanto auch vor, die Diskussion über die Gefahren systematisch zu unterdrücken und Studien auch in ihrem Sinne zu beeinflussen.

Drastische Worte fand der französische Umweltminister Nicolas Hulot. „Das ist der Anfang vom Ende der Arroganz dieses verfluchten Paars Monsanto-Bayer“, sagte er in einem Interview der Zeitung „Libération“. Das Urteil mache sichtbar, dass es Monsantos verstecktes Ziel sei, „die Nahrungsressourcen des Planeten zu schröpfen“.

Das Urteil hat für Bayer hohe Bedeutung. Alleine in den USA laufen mehr als 4000 weitere ähnliche Klagen gegen Monsanto, für die die Entscheidung vom Freitag wegweisend sein könnte. Der gestrige Absturz der Aktie zeigt, dass die Anleger nicht davon ausgehen, dass Bayer für weitere hohe Schadenersatz-Urteile ausreichend Vorsorge getroffen hat. Außerdem könnte das Urteil der Diskussion um ein Glyphosat-Verbot neuen Schwung verleihen. Dadurch droht Bayer, das für den Monsanto-Kauf 63 Milliarden Dollar bezahlt hat, auch noch ein hoher wirtschaftlicher Schaden.

Bayer geht aber noch davon aus, dass auch in diesem Prozess das letzte Wort noch nicht gesprochen ist: Das Vorgehen der US-Richter widerspreche „bestehenden wissenschaftlichen Erkenntnissen, jahrzehntelangen praktischen Erfahrungen und den Einschätzungen von Regulierungsbehörden weltweit“, teilte ein Bayer-Sprecher gestern mit. Monsanto kündigte Rechtsmittel an.

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