Vorsicht, Smombies unterwegs

Stuttgart · Meist werden Autofahrer vor Bällen oder Kindern gewarnt, die ihnen vor den Wagen springen könnten. Heute kann es aber auch ein „Smombie“ (Smartphone-Zombie) sein. Jeder sechste Fußgänger kümmert sich laut einer Großstadt-Studie mehr ums Smartphone als um den Straßenverkehr.

 Viele Fußgänger werden im Straßenverkehr durch Smartphones abgelenkt. Foto: Kraufmann/dpa

Viele Fußgänger werden im Straßenverkehr durch Smartphones abgelenkt. Foto: Kraufmann/dpa

Foto: Kraufmann/dpa

Ein junges Mädchen bleibt mitten auf der Straße stehen, holt sein Handy raus, beginnt zu tippen. Erst als ein Busfahrer hupt, wird ihm klar, wo es steht. Beobachtungen wie diese sind in Europas Großstädten keine Seltenheit, wie es in einer Studie der Dekra-Unfallforschung heißt. Jeder sechste Fußgänger ist demnach irgendwie mit seinem Handy beschäftigt. Das Problem: Als "Smombie" wird der Fußgänger für Autofahrer , Radfahrer und andere unberechenbar. Das Wort "Smombie" - eine Kombination aus Smartphone und Zombie - beschreibt Menschen, die von der Umwelt nichts mehr mitbekommen, weil sie nur noch auf ihre Smartphones starren.

Fast 14 000 Fußgänger wurden für die Studie beobachtet. Von denen, die mit den Gedanken wohl nicht auf der Straße, sondern am Handy waren, tippten die meisten einen Text ein, telefonierten oder taten sogar beides gleichzeitig. "Telefonieren, Musikhören, die Nutzung von Apps oder auch das Tippen von Textnachrichten sorgen im Straßenverkehr für riskante Ablenkung", sagt Clemens Klinke vom Dekra-Vorstand.

Keine Ordnungswidrigkeit

Während "Smombies" als Autofahrer mit einem Bußgeld von 60 Euro und einem Punkt in der Flensburger Verkehrssünderdatei rechnen müssen, werden sie als Fußgänger nicht bestraft. Eine Ordnungswidrigkeit sei das nicht, sagt Michael Schossig, Sprecher der Stuttgarter Polizei . Im Landesverkehrsministerium in Stuttgart hält man von einer Bestrafung von Fußgängern auch nichts: Die Vollstreckung sei schwierig. "Wir setzen auf Aufklärung, Vernunft und Freiwilligkeit."

Der Blick nach unten ist ein globales Problem: In China wurden schon Gehwege für Smartphone-Nutzer gesehen und in Antwerpen gibt es ebenfalls eine eigene Spur für die Smombies.

Jüngere Fußgänger der "Generation Kopf unten" nutzen die Smartphones der Studie zufolge häufiger als ältere. Mit mehr als 22 Prozent war die intensivste Nutzung in der Altersgruppe zwischen 25 und 35 Jahren zu beobachten. Laut Dekra sind 22 Prozent aller Verkehrstoten in der EU Fußgänger . Nach Angaben des Statistischen Bundesamts wird jeder zehnte Todesfall auf deutschen Straßen durch falsches Verhalten von Fußgängern verursacht.

Falls sich Fußgänger von der Technik ablenken lassen und einen Unfall verursachen, ist zumindest die Haftungsfrage eindeutig geklärt. Dann greife die Privathaftpflicht, sagt Allianz-Sprecher Christian Weishuber.

Eine Statistik über Smartphone-Unfälle von Fußgängern gibt es nicht. "Vermutlich ließe sich auch schlecht nachweisen, dass letztlich ein Smartphone schuld war", sagt Polizist Schossig. Auch im Auto sei das Handy "schnell verschwunden". Es gebe auch keine Order an Streifenbeamte, Fußgänger anzusprechen. "Dann hätten wir viel zu tun."

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