Eine Sprache nur für Eingeweihte

Saarbrücken · Browser, Server, IP-Adresse – unzählige Fachbegriffe haben sich rund um das Internet entwickelt. Doch ihre genaue Bedeutung verstehen nur die Wenigsten. Inwieweit braucht der Durchschnittsnutzer die Internet-Vokabeln?

 Selbst regelmäßige Internetnutzer verstehen die Fachbegriffe, denen sie im Netz begegnen, häufig nicht zu hundert Prozent. Grafik: Lorenz/SZ

Selbst regelmäßige Internetnutzer verstehen die Fachbegriffe, denen sie im Netz begegnen, häufig nicht zu hundert Prozent. Grafik: Lorenz/SZ

Sprache kann Gemeinsamkeit stiften, sie kann aber auch ausgrenzen. Wie wohl kaum eine andere Sparte von Fachbegriffen hat sich die Internetsprache in den vergangenen Jahrzehnten entwickelt. Viele Internetnutzer sind mit immer neuen Begriffen überfordert. Diesen Schluss legt nun der "Digital-Index 2014" nahe, eine repräsentative Erhebung im Auftrag der Initiative "D21". Während 76 Prozent der Befragten angaben, den Begriff "Antivirensoftware" erklären zu können und immerhin drei von vier Befragten wussten, was eine Homepage ist, sind andere Online-Begriffe deutlich weniger bekannt: Der Mobilfunkstandard LTE ("Long Term Evolution") war 30 Prozent der Befragten geläufig. Die Abkürzung steht für eine Mobilfunktechnik, die sehr schnelle Datenübertragung verspricht. "Smart Grid" konnten nur sechs Prozent erklären. Dabei handelt es sich um das intelligente Stromnetz der Zukunft, das Daten von Energieerzeugern und ihren Kunden austauscht und sich so selbst reguliert.

Laut der Erhebung kannten sich Berufstätige im Durchschnitt besser mit der Internetsprache aus. Die Autoren deuten das als Zeichen dafür, dass die "digitale Kompetenz" in dieser Gruppe ausgeprägter sei als unter anderen Nutzern. Da gebe es noch viel Nachholbedarf, so der Tenor.

Sind die ungezählten Internet-Fachbegriffe nützlich, oder eher verwirrend? Und inwieweit muss man sie erklären können, um sich im Netz zurechtzufinden? Einige Abkürzungen dürften viele Internetnutzer schon häufiger gelesen haben, ohne die genaue Bedeutung zu kennen, etwa URL ("Uniform Resource Locator") als Vokabel für die Internetadresse oder BCC ("Blind Carbon Copy"), die "Geheimkopie" einer E-Mail. Trotzdem ist die Mehrheit der Nutzer imstande, eine Internetseite zu besuchen oder eine E-Mail zu verschicken.

Mitunter haben sich in der Computersprache Abkürzungen etabliert, die auch in anderen Bereichen so oder ähnlich verwendet werden. So bezeichnet der Begriff "Demoversion" nicht etwa eine ganz bestimmte Art der Protestkundgebung, sondern eine meist kostenlose, eingeschränkte Version eines Computerprogramms. Und mit dem Kürzel POP hat die Musikgeschichte nur scheinbar Einzug in die Computersprache gehalten, gemeint ist damit ein Übertragungsprotokoll, um auf E-Mails zuzugreifen ("Post Office Protocol"). Je mehr Abkürzungen benötigt werden, desto eher kann es zu Doppelbedeutungen kommen.

Die englische Sprache gibt im Internet den Ton an. Das Wort als "Weltnetz" einzudeutschen - diese Idee findet wohl nur noch am rechten politischen Rand Anklang. Bei einigen Internet-Begriffen stellt sich indes durchaus die Frage, warum man sie kaum auf Deutsch hört, obwohl das englische Wort nur allzu leicht zu übersetzen wäre und so für viele verständlicher würde. Doch ehe sich "Inhalt" und "Anbieter" durchsetzen konnten, waren die Wörter "Content" und "Provider" schon etabliert. Auch der recht eindeutige Begriff "Internet-Telefonie" scheint weniger gebräuchlich zu sein als seine fachsprachliche Entsprechung "Voice over IP" (VoIP).

Manche einst festen Größen der Computersprache verschwinden dagegen allmählich. Mit dem "Joystick" als Steuerknüppel werden irgendwann vielleicht nur noch Piloten ihre Flugzeuge lenken. Als Endgeräte für die Nutzung von Computerspielen verlieren sie an Bedeutung. Ein anderes Beispiel: Dass vor nicht allzu vielen Jahren PCs noch mit einer "Boot-Diskette" zum Laufen gebracht wurden, dürfte den wenigsten jugendlichen Onlinern heute bekannt sein. Und wie lange mag sich die lieb gewonnene elektronische Maus in Zeiten von Tablets, Smartphones und Tablet-PC wohl noch halten?

Dieses Schicksal ereilt auch Dinge, die lange vor dem digitalen Zeitalter zum festen Inventar der Alltagskommunikation gehörten: Die Telefonzelle und das Telefonbuch haben ihre besten Jahre hinter sich. Zumindest für letzteren Begriff hat sich längst ein Digital-Wort gefunden: das "DNS" ("Domain Name System"), quasi als Telefonbuch des Internets.

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