Leichtathletik-WM Salazar wirft einen Schatten auf Klosterhalfen

Doha · Ausgerechnet bei der WM in Doha wird die Langstreckenläuferin eingeholt – von der Doping-Sperre ihres Cheftrainers in den USA.

 Die 22-jährige Konstanze Klosterhalfen (rechts) gilt als Riesentalent. Bei der Leichtathletik-Weltmeisterschaft in Doha hat die Leverkusenerin über 5000 Meter Außenseiter-Chancen auf eine Medaille.

Die 22-jährige Konstanze Klosterhalfen (rechts) gilt als Riesentalent. Bei der Leichtathletik-Weltmeisterschaft in Doha hat die Leverkusenerin über 5000 Meter Außenseiter-Chancen auf eine Medaille.

Foto: dpa/Sven Hoppe

Schock vor dem Start – das Doping-Thema hat die deutsche WM-Hoffnung Konstanze Klosterhalfen absolut zur Unzeit erwischt: Kurz vor ihrem ersten Rennen in Doha an diesem Mittwoch sieht sich die Läuferin mit einer vierjährigen Sperre des umstrittenen Trainers Alberto Salazar konfrontiert. Die 22-Jährige war im vergangenen Herbst nach Portland in die USA umgesiedelt, wo sie bei Salazars Nike Oregon Project trainiert.

Klosterhalfen wird nach eigenen Angaben von dessen Assistent Pete Julian betreut. Salazar wurde nun wegen Verstößen gegen die Anti-Doping-Regeln für vier Jahre gesperrt. Das teilte die amerikanische Anti-Doping-Agentur (Usada) in der Nacht zu Dienstag mit.

Klosterhalfens Management reagierte „überrascht und ein Stück weit geschockt“ auf die Nachricht aus den USA. „Aber es ändert ja an der Situation nichts: Konstanze ist entschieden gegen jegliche Art von verbotenen Substanzen. Sie ist nie damit in Berührung gekommen“, sagte ihr Manager Dany Biegler am Dienstag. Julian „ist und bleibt“ beim Oregon Project der für sie verantwortliche Trainer.

Die Ermittlungen gegen Salazar liefen vier Jahre lang. Wegen ihres Wechsels in Salazars Camp hatte Klosterhalfen in den vergangenen Monaten immer wieder kritische Fragen beantworten müssen. Die junge Leverkusenerin machte in diesem Jahr einen enormen Leistungssprung: Sie stellte in der Halle und im Freien insgesamt sechs deutsche Rekorde auf.

„Bei ihrer Arbeit für das Nike Oregon Project haben Herr Salazar und Dr. Brown demonstriert, dass Gewinnen wichtiger war als die Gesundheit der Athleten, denen sie ihren Schutz versprochen hatten“, sagte Usada-Chef Travis Tygart. Der Mediziner Jeffrey Brown wurde von einem US-Schiedsgericht ebenfalls für vier Jahre gesperrt. Die Hauptvorwürfe der Behörde gegen Salazar sind: Anwendung von verbotenen Infusionen, Besitz und illegaler Handel mit Testosteron und die Vertuschung von Daten im Zusammenhang mit Doping-Kontrollen. Der Leichtathletik-Weltverband IAAF teilte mit, dass Salazars Akkreditierung auf Bitte des US-Verbandes „deaktiviert“ worden sei.

Der deutsche Verband sieht derzeit keinen Handlungsbedarf für seine in den USA trainierende Spitzenläuferin. „Zum jetzigen Zeitpunkt haben wir noch zu wenige Informationen, um die Suspendierung von Alberto Salazar einordnen zu können“, teilte DLV-Präsident Jürgen Kessing am Dienstag mit. Klosterhalfen sei „eine mündige Athletin“, betonte Kessing: „Trotz intensiver Kontrollen gab es bei ihr keine Beanstandungen, und sie lehnt jede unerlaubte Methode ab.“

Salazar schrieb auf der Homepage des Projekts auf die Entscheidung, er sei geschockt. „Das Oregon Project hat Doping nie erlaubt und wird Doping nie erlauben.“ Die Vorwürfe seien „komplett falsch“. Er werde gegen die Entscheidung in Berufung gehen, kündigte der 61-jährige an. Der frühere Marathonläufer trainierte bis 2017 den vierfachen Olympiasieger und sechsfachen Weltmeister Mo Farah und aktuell die Niederländerin Sifan Hassan, die in Doha gerade Weltmeisterin über 10 000 Meter geworden ist.

US-Läuferin Kara Goucher warf Salazar vor, sie zur Einnahme des Schilddrüsenhormons Thyroxin gedrängt zu haben, das nicht auf der Doping-Liste steht. Und nach Angaben von Trainer Steve Magness soll Salazar im Besitz von Testosteron gewesen sein. „Die Athleten haben in diesen Fällen großen Mut bewiesen und die Wahrheit ans Tageslicht gebracht“, sagte Tygart.

 Alberto Salazar gilt in der Leichtathletik-Szene seit Jahren als umstritten.

Alberto Salazar gilt in der Leichtathletik-Szene seit Jahren als umstritten.

Foto: AP/Kin Cheung

Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur hat sich Klosterhalfen in Doha für einen Start über 5000 Meter entschieden. Bis zuletzt hatte sie offen gelassen, ob sie über 1500 Meter oder auf der längeren Distanz antritt. Der Vorlauf steht am Mittwoch an, der Endlauf am Samstag. Wenn es perfekt läuft, hat sie Außenseiter-Chancen auf eine Medaille – sofern sie den Trubel um Salazar ausblenden kann.

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