Leichtathletik „Wachsamer sein“ nach neuen Bestzeiten

Leipzig · Deutschlands großes Lauf-Talent Konstanze Klosterhalfen trainiert seit Herbst 2018 beim umstrittenen Oregon-Project ihres Ausrüsters.

 Bei den Millrose Games in New York jubelt Konstanze Klosterhalfen, als sie nach einer Meile die Ziellinie überquert.

Bei den Millrose Games in New York jubelt Konstanze Klosterhalfen, als sie nach einer Meile die Ziellinie überquert.

Foto: dpa/Mary Altaffer

Konstanze Klosterhalfen ist so schnell wie nie in die Saison gestartet. In New York verbesserte die Lauf-Hoffnung von Bayer Leverkusen ihre Hallen-Bestmarken über eine Meile und 1500 Meter. Nun schaut die Leichtathletik-Szene am Wochenende bei den deutschen Meisterschaften in Leipzig gespannt auf die 21-Jährige. Das Training in ihrer neuen Wahlheimat USA, wo sie sich in Portland dem Nike Oregon-Project (NOP) angeschlossen hat, zeigt erste Wirkung. Das Prestigeprojekt ihres Sportartikelherstellers ist wegen eines Mannes nicht unumstritten: Alberto Salazar.

„Ich freue mich sehr, dass es für Koko in den USA so gut läuft und ihre Entwicklung in diesem Jahr so weitergeht“, sagt Bundestrainer Sebastian Weiß. Er betreut Klosterhalfen, wenn sie in Deutschland ist.

Der bekannteste Trainer in Portland ist Salazar, der frühere Verantwortliche des britischen Laufhelden und viermaligen Olympiasiegers Mo Farah. Nach Vorwürfen seiner ehemaligen Läuferin Kara Goucher, von Salazar zur Einnahme leistungsfördernder Mittel genötigt worden zu sein, ermittelt die Anti-Doping-Agentur der USA (Usada) seit Jahren. In einem geleakten Zwischenbericht von März 2016 stellte die Usada fest, dass es „zwingende Beweise“ gebe, dass unter anderem Salazar Medikamente „unkonventionell (und auch potenziell ungesetzlich)“ sowie nach den Regeln des Sports „nicht erlaubt“ angewendet haben soll. Die Untersuchung ist nicht abgeschlossen, soll aber vor dem Ende stehen.

„Es gilt die Unschuldsvermutung. Bisher ist nichts belegt. Und es liegt kein Abschlussbericht vor“, sagt Weiß zu den Anschuldigungen gegen Salazar: „Solange gehen wir davon aus, dass alles sauber ist.“

Der Präsident des Deutschen Leichtathletik-Verbandes äußert sich zurückhaltend zum Thema Klosterhalfen und NOP. „Das ist die Entscheidung der Athletin“, meint Jürgen Kessing. Sie sei nicht offizieller Teil des Projektes und trainiere auch nicht bei Salazar. Dennoch sollte man „etwas wachsamer“ sein als sonst. „Konstanze Klosterhalfen gehört dem Testpool an und wird regelmäßig von der Nada und bei Trainingslagern von der Wada kontrolliert“, betont Kessing.

Die Hallen-Vizeeuropameisterin von 2017 selbst hat sich bisher nicht zu dem Schritt, die Möglichkeiten des Oregon-Projects zum Training zu nutzen, geäußert. Anfragen der Deutschen Presse-Agentur nach einem Interview bei ihrem Management blieben ohne Erfolg. „Sie ist eine Athletin, die zielorientiert ist und Störungen nicht so mag“, nennt Kessing einen möglichen Grund für das Schweigen, fügt aber an: „Ich kann es zum Teil verstehen, aber auch das Informationsbedürfnis.“

Bundestrainer Weiß sieht abgesehen von Spekulationen über das NOP den Wechsel der Sportjournalistik-Studentin mit gemischten Gefühlen. „Wir haben Koko langfristig aufgebaut. Solch eine tolle Athletin gibt man natürlich nicht gerne ab“, meint er: „Sie hätte sich auch in Deutschland weiterentwickelt und die weiteren Entwicklungsschritte gemacht.“ In den USA habe sie jedoch sehr gute Bedingungen und Trainingspartner auf internationalem Niveau. „Das ist eine große Chance für sie“, sagt Weiß.

Der siebenmaligen deutschen Meisterin prognostiziert er eine große Zukunft. „Sie hat ein sehr breites Spektrum von 800 bis 5000 Meter. Und sie kann von 1500 bis 5000 Meter Weltklasseleistung bringen“, erklärt Weiß. Kann Klosterhalfen irgendwann auch den Afrikanerinnen davonrennen? „Ich gehe davon aus, dass sie weit vorne mitlaufen wird.“

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