Schock in Davos nach Kritik an EU

Davos. Den Luftraum überwachen Kampfjets. Polizisten haben Edelherbergen wie das Grandhotel "Belvédère" abgeriegelt. An jeder Ecke TV-Teams, die Prominente interviewen. 2500 Spitzenpolitiker und Topmanager geben dem Schweizer Alpenkurort Davos wieder mal das Flair einer Weltstadt

 Premierminister David Cameron hat kein gutes Gefühl beim Gedanken an die EU. Foto: dpa

Premierminister David Cameron hat kein gutes Gefühl beim Gedanken an die EU. Foto: dpa

Davos. Den Luftraum überwachen Kampfjets. Polizisten haben Edelherbergen wie das Grandhotel "Belvédère" abgeriegelt. An jeder Ecke TV-Teams, die Prominente interviewen. 2500 Spitzenpolitiker und Topmanager geben dem Schweizer Alpenkurort Davos wieder mal das Flair einer Weltstadt. Die größte Aufmerksamkeit zog gestern, dem Eröffnungstag des Weltwirtschaftsforums 2013, allerdings jemand auf sich, der noch gar nicht angereist war: David Cameron.

Die Ankündigung des britischen Premierministers im fernen London, die Bürger des Vereinigten Königreichs bis spätestens 2017 über den Verbleib in der EU abstimmen zu lassen, raste wie ein Lauffeuer durch die Wandelgänge des Kongresszentrums von Davos. "Diese Aussicht ist wohl alles andere als eine Rückenstärkung für den Kampf gegen die Folgen der Euro-Schuldenkrise", meinte ein US-Bankenexperte. Ausdrücklich hatte WEF-Gründer Klaus Schwab auf die Gefahr einer Zunahme einzelstaatlicher Egoismen gewarnt. "Die Krisenstimmung führt zu einer defensiven Einstellung, auf staatlicher Ebene zu mehr Nationalismus", sagte Schwab kurz vor Beginn des Forums. "Das blockiert alles: Freihandel, Umweltschutz, internationale Zusammenarbeit. Man zieht sich auf die Scholle zurück."

Oder halt auf die Insel. Von dort fliegt Cameron heute in die Bündner Alpen. Laut Tagesordnung bekommt er am Vormittag im großen Saal des Kongresszentrums des malerisch verschneiten Davos gut drei Stunden vor Merkel das Wort. Im vorigen Jahr hatte der Brite dieselbe Bühne für eine scharfe Attacke auf das deutsche Euro-Krisenmanagement genutzt. Den deutsch-französischen Plan für eine europaweite Umsatzsteuer auf Finanzgeschäfte lehnte der Mann aus London nicht einfach nur ab. Er nannte ihn "Wahnsinn". Durchaus zum Missvergnügen von Bundeskanzlerin Angela Merkel, die in ihrer Rede mit einer ungewöhnlich klaren Warnung vor einer Überforderung Deutschlands als Euro-Retterin für internationales Aufsehen sorgte.

 Premierminister David Cameron hat kein gutes Gefühl beim Gedanken an die EU. Foto: dpa

Premierminister David Cameron hat kein gutes Gefühl beim Gedanken an die EU. Foto: dpa

Zwölf Monate danach wurde die Finanztransaktionssteuer nun in Brüssel beschlossen. Dass Großbritannien jemals mitmachen wird, glaubt auch beim Forum in Davos nach Camerons EU-Rede so gut wie niemand mehr. So scheinen die Weichen in Davos gestellt für einen neuen Reden-Showdown in Sachen Europa. Welche Töne Merkel in ihrer Rede anschlagen wird, ließ schon die erste Reaktion der Kanzlerin auf die Referendumsankündigung Camerons ahnen: "Europa bedeutet auch immer, dass man faire Kompromisse finden muss", sagte Merkel. Deutschland werde "sehr intensiv mit Großbritannien über seine Vorstellungen sprechen", fügte die Kanzlerin hinzu. Damit könnten Cameron und Merkel schon heute beginnen. dpa

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