Draghi flutet Europa mit über einer Billion Euro

Frankfurt/Main · Die Europäische Zentralbank macht die Geldschleusen noch weiter auf. Der Beschluss, Staatsanleihen in Billionen-Höhe zu kaufen, stößt in Deutschland auf Skepsis. CSU-Vize Peter Gauweiler droht mit Klage.

Mit einer Geldflut von mehr als einer Billion Euro - eine Zahl mit 13 Stellen - will die Europäische Zentralbank (EZB) die Konjunktur im Euroraum anschieben. Sie wird dazu von März 2015 bis zum September 2016 jeden Monat Staats- und Unternehmensanleihen im Gesamtwert von 60 Milliarden Euro kaufen. Das kündigte Notenbank-Präsident Mario Draghi gestern in Frankfurt an. Die EZB sorgt sich vor einer gefährlichen Spirale aus Preissenkungen auf breiter Front - und einer schrumpfenden Wirtschaft. Fachleute nennen dies Deflation.

Im Dezember sanken die Verbraucherpreise auf Jahressicht sogar erstmals seit 2009. Die EZB muss gegensteuern, weil sie sich einem Inflationsziel von knapp unter 2,0 Prozent verpflichtet hat. Sollte dieser Wert nicht erreicht werden, könnte das Programm fortgesetzt werden, so Draghi.

Kritiker vor allem in Deutschland erneuerten ihre Befürchtung, dass auch dieser Schritt der EZB wirkungslos verpuffen könnte. Heftig umstritten ist das Programm auch, weil befürchtet wird, wirtschaftlich angeschlagene Länder wie Italien und Frankreich könnten den Anreiz verlieren, mit Reformen weiterzumachen, weil die EZB neue Verschuldung über Anleihenkauf zu günstigen Konditionen ermöglicht. Bundeskanzlerin Angela Merkel sagte in Davos, die EZB-Entscheidung dürfe nicht davon ablenken, "dass die eigentlichen Wachstumsimpulse durch vernünftige Rahmenbedingungen durch die Politik gesetzt werden müssen und auch gesetzt werden können." Im 25-köpfigen EZB-Rat gab es bis zuletzt Widerstand gegen Draghis Billionen-Programm, unter anderen von den deutschen Vertretern. Denn die EZB flutet die Märkte bereits seit Jahren mit billigem Geld.

CSU-Vize und Euro-Skeptiker Peter Gauweiler will wegen des neuen Anleihenkaufprogramms vor dem Bundesverfassungsgericht klagen. Er befürchte dadurch "eine Vergemeinschaftung der Haftung für die Staatsschulden".

An Börsen sorgten die Beschlüsse von Frankfurt für eine neuerliche Kaufwelle. Der Deutsche Aktienindex sprang erstmals über 10 400 Punkte. Der Euro sackte dagegen mit rund 1,14 Dollar auf den tiefsten Stand seit 2003. > , : Meinung

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