Legalisierung von Cannabis Die Kripo rät: Kiffen legalisieren!

Berlin · Am Cannabis-Verbot rütteln viele schon lange. Unerwartete Unterstützung kommt jetzt vom Bund der Kriminalbeamten. Andere Polizei-Vertreter warnen.

 Einen Joint zu rauchen, sollte in Deutschland nicht länger illegal sein, meint der Bund der Kriminalbeamten. Konsumenten sollten entkriminalisiert werden, begründet das die Gewerkschaft.

Einen Joint zu rauchen, sollte in Deutschland nicht länger illegal sein, meint der Bund der Kriminalbeamten. Konsumenten sollten entkriminalisiert werden, begründet das die Gewerkschaft.

Foto: dpa/Daniel Karmann

Den Kampf gegen den Drogenhandel hat die deutsche Polizei längst aufgenommen, ob in Hamburg oder Berlin. Erwischt werden aber meist nur die Konsumenten, nicht die Drahtzieher. Bestraft werden nur wenige. Im Görlitzer Park in Berlin-Kreuzberg zum Beispiel können Einheimische und Touristen rund um die Uhr sämtliche Drogen kaufen, nicht nur Marihuana. Ist der Weg des Verbotes also sinnlos, weil er nicht funktioniert?

Zumindest für die Legalisierung von Cannabis spricht sich nicht nur der Deutsche Hanfverband seit Jahren aus. Der Aufwand von Polizei und Justiz sei unverhältnismäßig, sagt Verbandsgeschäftsführer Georg Wurth. Die jahrzehntealte „Legalize“-Kampagne bekommt nun Rückendeckung von ungewohnter Seite. Auch der Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK) will eine komplette Entkriminalisierung von Cannabis-Konsumenten.

„Die Prohibition von Cannabis ist historisch ‎betrachtet willkürlich erfolgt und bis heute weder intelligent noch zielführend“, sagt BDK-Chef André Schulz der „Bild“-Zeitung. Das sei übrigens die Beschlusslage seines Verbandes seit 2014, betont der Hamburger Kriminalhauptkommissar. Schulz verweist auf die negativen Folgen der Repression wie die offene Drogenszene und Beschaffungskriminalität. Das Hauptproblem seien Alkohol und Tabak, Cannabis sei dagegen keine tödliche Droge.

Die Deutsche Polizeigewerkschaft sieht das ganz anders. „Cannabis zu erlauben, wäre ein fatales Signal“ sagt ihr Vorsitzender Rainer Wendt. Er möchte aber auch nicht, dass seine Kollegen „für den Papierkorb“ arbeiten. Anstatt ein aufwendiges Strafverfahren einzuleiten, sollten Konsumenten lieber zu einer verpflichtenden Beratung geschickt werden. Sein Kollege von der Gewerkschaft der Polizei, Oliver Malchow, glaubt dagegen, dass es eine heilsame Wirkung auf jugendliche Konsumenten hat, wenn sie mit ihren Eltern auf die Polizeiwache kommen müssen. „Das wirkt auf jeden Fall“, meint Malchow.

Die Durchsetzung des Drogenverbots (Prohibition) sei zwecklos, zu teuer und schädige Gesellschaft und Konsumenten, meint auch der sogenannte Schildower Kreis, dem sich mehr als 100 Strafrechtsprofessoren angeschlossen haben. Auch in der Politik hat die These Anhänger, etwa in der FDP und bei den Grünen. Grünen-Politiker Cem Özdemir, der schon mal mit einer Cannabis-Pflanze auf seinem Balkon für Schlagzeilen sorgte, twittert gestern: „Wir sollten auf unsere Polizeiexperten hören: besseren Jugendschutz gibts nur bei #cannabis Entkriminalisierung.“

Während der Konsum von Alkohol und Tabak immer stärker reglementiert wird, scheint der Zug bei Cannabis in die entgegengesetzte Richtung zu fahren. Seit knapp einem Jahr ist die Droge als Medikament zugelassen. Einige Experten sehen diese Entwicklung mit großer Skepsis. Die enormen gesundheitlichen Gefahren durch den Cannabis-Wirkstoff THC seien durch internationale Studien bestens belegt, sagt der Facharzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Rainer Thomasius. Gerade bei Jugendlichen führe THC zu schweren Hirnschädigungen, verhindere eine altersgerechte Entwicklung und könne zu Psychosen oder gar Schizophrenie führen. Zudem gebe es schwerwiegende psychosoziale Folgen, wie gerade die Entwicklung im US-Bundesstaat Colorado zeige, wo der Cannabis-Konsum vor zwei Jahren legalisiert wurde. „Für diejenigen, die regelmäßig kiffen, sind die Schäden durchaus vergleichbar“, sagt Thomasius zum Argument mit dem angeblich viel schädlicheren Alkohol.

Auch der österreichische Psy­chiater Kurosch Yazdi warnt vor einer Verharmlosung von Cannabis. „Der Joint von heute ist anders als der Joint von früher“, schreibt er in seinem Buch „Die Cannabis-Lüge“. In modernen Züchtungen seien die THC-Konzentrationen im Vergleich zu den 60er und 70er Jahren regelrecht explodiert, während immer weniger von dem positiven Wirkstoff Cannabidiol enthalten sei. „Dadurch wird man natürlich stärker berauscht, aber auch eher psychotisch“, sagt Yazdi.

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