Einheitliche Standards für Beschneider

Bonn/Köln. Unter dem Eindruck der Beschneidungs-Debatte will der Zentralrat der Juden die Ausbildung ritueller Beschneider neu organisieren. Derzeit gebe es Gespräche, um die Ausbildung unter dem Dach der Rabbinerausbildungsstätten zu institutionalisieren, sagte Zentralrats-Vizepräsident Josef Schuster am Freitag in Berlin

Bonn/Köln. Unter dem Eindruck der Beschneidungs-Debatte will der Zentralrat der Juden die Ausbildung ritueller Beschneider neu organisieren. Derzeit gebe es Gespräche, um die Ausbildung unter dem Dach der Rabbinerausbildungsstätten zu institutionalisieren, sagte Zentralrats-Vizepräsident Josef Schuster am Freitag in Berlin. Kritik an der Empfehlung des Deutschen Ethikrates, die religiöse Beschneidung von Jungen zu erlauben, kam vom Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte.Zu den Gesprächen über die Beschneider-Ausbildung hat der Zentralrat die zwei bekannten Rabbiner Joshua Spinner und Rabbiner Walter Homolka eingeladen. Die aktuelle Debatte zeige die Notwendigkeit, dass die Ausbildung jüdischer Beschneider in Deutschland so organisiert werden müsse, dass künftig einheitliche religiöse und medizinische Standards garantiert seien. Hierfür seien die Rabbinerausbildungsstätten hervorragend geeignet, ergänzte Schuster.

Der Ethikrat hatte am Donnerstag nach kontroverser Debatte empfohlen, die religiöse Beschneidung von Jungen unter strengen Standards wie Schmerzbehandlung und Einwilligung der Eltern zu erlauben. Seit einem im Juni veröffentlichten Urteil des Landgerichts Köln, das die religiöse Beschneidung als Körperverletzung gewertet hatte, herrscht bei Juden und Muslimen Rechtsunsicherheit. Der Bundestag hat die Bundesregierung aufgefordert, bis zum Herbst einen Gesetzentwurf vorzulegen, der die Beschneidung erlaubt.

Kindeswohl und das Recht der Kinder auf körperliche Unversehrtheit hätten bei der Empfehlung des Ethikrats offenbar keine Rolle gespielt, kritisierte Wolfram Hartmann, Präsident des Berufsverbandes für Kinderärzte. Das neue Kinderschutzgesetz solle offenbar für eine große Zahl von Kindern in Deutschland nicht gelten, sagte der Kinderarzt und sprach von einem Skandal. "Muslimische und jüdische Kinder schützt es nicht." Ihr Recht auf körperliche Unversehrtheit sei offenbar zweitrangig.

Als Beitrag zur Versachlichung der Diskussion über religiöse Beschneidung wertete indes der Vorsitzende der Deutschen Kommission Justitia et Pax, Bischof Stephan Ackermann, die Ergebnisse der Beratung des Ethikrates. Ackermann sprach sich für eine sorgfältige Abwägung der unterschiedlichen menschenrechtlichen Ansprüche auch in der weiteren Diskussion aus. Zudem betonte er das Recht der Eltern auf die religiöse Erziehung ihrer Kinder. Das Urteil des Landgerichts Köln, wonach die bei Juden und Muslimen übliche Beschneidung männlicher Kinder strafbar sei, nehme die Abwägung zwischen Kindeswohl und Elternrecht "nicht hinreichend vor", sagte Ackermann in einer Erklärung. epd/dpa

"Muslimische und jüdische Kinder sind nicht geschützt."

Kinderarzt

Wolfgang Hartmann

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