Deutschland geizt beim Leitungswasser

Wiesbaden Eine Spartaste für die Toilette, Regenwasser für den Garten und eine Waschmaschine mit geringem Verbrauch: Die Menschen in Deutschland gehen mit Wasser immer sparsamer um. 121 Liter nutzten sie im Durchschnitt pro Tag im Jahr 2010 - so wenig wie nie seit Beginn der statistischen Erfassung 1963

 Umweltfreundlich trinken: Wasserhahn statt Flasche. Foto: dpa

Umweltfreundlich trinken: Wasserhahn statt Flasche. Foto: dpa

Wiesbaden Eine Spartaste für die Toilette, Regenwasser für den Garten und eine Waschmaschine mit geringem Verbrauch: Die Menschen in Deutschland gehen mit Wasser immer sparsamer um. 121 Liter nutzten sie im Durchschnitt pro Tag im Jahr 2010 - so wenig wie nie seit Beginn der statistischen Erfassung 1963. Wissenschaftler empfehlen aber nicht mehr einen sparsamen, sondern einen sorgsamen Umgang mit Wasser. Die Wasserwirtschaft sieht das Umweltbewusstsein kritisch. Umweltschützer pochen dagegen weiter auf das Sparziel.Wasser zu sparen sei ein Trend, der zunehmend zu einem Kostenfaktor werde, sagt der Sprecher des Verbandes der kommunalen Unternehmen (VKU), Carsten Wagner. Denn übertriebenes Wassersparen führe zu Problemen in Leitungen und Abwasserkanälen, erklärt der Geschäftsführer des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft, Martin Weyand. "Schon heute müssen die Wasserversorger in vielen Regionen die Leitungen und Kanäle mit Wasser spülen, damit Rückstände entfernt werden." Das kostet Geld.

"Im Mittel stehen deutschlandweit pro Jahr 182 Milliarden Kubikmeter Wasser zur Verfügung. Die öffentliche Wasserversorgung nutzt davon lediglich drei Prozent", betont VKU-Geschäftsführer Hans-Joachim Reck. Er kritisiert Überlegungen der EU, verpflichtende Standards für Geräte wie Duschköpfe einzuführen. Denn wenn noch weniger Wasser durch die Leitungen flösse, "würden durch technische und hygienische Probleme die Kosten für die Infrastruktur unnötig in die Höhe getrieben".

Es müssten zwar nicht unbedingt noch weitere große Mengen gespart werden, sagt Erik Gawler vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung. Aber: "Die Vorstellung von einer großen Badewanne mit Wasser, in die man nach Belieben rein greifen kann, ist ökologisch falsch." Rüdiger Rosenthal vom Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) hält am Sparziel fest: "Der Klimawandel sorgt auch in Deutschland in manchen Regionen für Wasserknappheit." Wer wenig Wasser verbrauche, spare zudem Energie.

Trinkwasserexpertin Ingrid Chorus vom Umweltbundesamt fordert, sorgsam mit Wasser umzugehen. "Die Toilette ist kein Abfalleimer für nicht benutzte Arzneimittel, Lack- und Farbreste." Wer kaltes statt warmes Wasser verwende, spare nicht nur Energie. "Damit tun wir auch etwas Gutes für die Qualität des Trinkwassers, denn wenn es lauwarm in der Leitung steht, können darin Legionellen wachsen."

 Umweltfreundlich trinken: Wasserhahn statt Flasche. Foto: dpa

Umweltfreundlich trinken: Wasserhahn statt Flasche. Foto: dpa

Otmar Lell vom Bundesverband Verbraucherzentralen hält den Wasserverbrauch für ein Umweltproblem, das unsichtbar in den Produkten steckt. "Dies gilt besonders für Nahrungsmittel, die häufig in wasserarmen Regionen der Erde mit hohem Wasserverbrauch hergestellt werden." In einem Kilogramm Rindfleisch etwa steckten rund 15 500 Liter sogenanntes virtuelles Wasser, in einer Tasse Kaffee 140. Chorus ergänzt: "Beim Einkauf kann man die Umwelt schonen, indem man auf Flaschenwasser verzichtet und stattdessen das Wasser aus dem Hahn trinkt."

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