VW muss noch mehr büßen

Wolfsburg/Washington · Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende. Dieses Sprichwort könnte auch für Volkswagens Konflikt mit der US-Justiz zutreffen. Die Abgasrechnung wird aber viel höher. Und der Abgas-Skandal ist noch lange nicht abgehakt.

 Der VW-Konzern bleibt unter hohem Druck. Foto: dpa

Der VW-Konzern bleibt unter hohem Druck. Foto: dpa

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Milliarden über Milliarden: Volkswagen und das US-Justizministerium haben sich im Diesel-Skandal auf Strafzahlungen über 4,3 Milliarden Dollar (4,1 Milliarden Euro ) geeinigt. Einen entsprechenden Vergleich des Konzerns bestätigte das Ministerium gestern Abend in Washington. Der Vergleich mit dem Justizministerium muss nun noch das zuständige Gericht absegnen.

Die Einigung sieht auch vor, dass VW seine Kontrollsysteme verstärken muss sowie für die nächsten drei Jahre auf "Bewährung" gesetzt und von einem externen Aufseher überprüft wird. Zudem wurden Strafanzeigen gegen sechs VW-Manager bekanntgegeben. Mit einem Schuldbekenntnis räumt VW zudem kriminelles Fehlverhalten ein. Die Ermittlungen seien noch nicht beendet, sagte US-Justizministerin Loretta Lynch. Der Ärger ist noch lange nicht vorbei. Zumal auch in Deutschland Staatsanwälte weiter ermitteln.

"Die Vereinbarung, die jetzt in den USA im Raum steht, hat keinen Einfluss auf unsere Verfahren hier in Deutschland", sagt der Braunschweiger Oberstaatsanwalt Klaus Ziehe. Seine Behörde ermittelt gegen 31 Beschuldigte - wegen möglicher Marktmanipulation auch gegen Ex-Konzernchef Martin Winterkorn , VW-Markenchef Herbert Diess sowie Chefaufseher Hans Dieter Pötsch.

Die finanzielle Last der Diesel-Affäre drückt nach der Einigung mit der US-Justiz noch stärker auf die VW-Bilanz, die wegen Milliarden-Einsparungen im "Zukunftspakt" ohnehin angespannt ist. Da der Konzern sich mit Kunden, Autoverkäufern und Behörden bei US-Zivilklagen auf Vergleiche geeinigt hat, die über 17 Milliarden Dollar kosten könnten, werden die Rückstellungen nicht reichen. VW hatte 18,2 Milliarden Euro für Rechtskosten im Abgas-Skandal beiseitegelegt. Etwas Positives dürfte der teure Straf-Vergleich immerhin haben. VW könne sich wieder auf das Tagesgeschäft konzentrieren. "Es ist eine gute Nachricht", meint Arndt Ellinghorst vom Analysehaus Evercore ISI.

Wirklich zur Ruhe wird VW vorerst aber nicht kommen. In die Präsentationen der VW-Modelle auf der US-Automesse in Detroit platzte die Nachricht einer Strafanzeige der Bundesanwaltschaft gegen einen Mitarbeiter, der in Miami vom FBI festgenommen wurde. Der Mann soll nach dem internen Bekanntwerden von alarmierenden Ergebnissen der Umweltorganisation ICCT zu Abgaswerten schon im April 2014 - also eineinhalb Jahre vor dem öffentlichen Eingeständnis - in einer E-Mail an einen Kollegen geschrieben haben: "Zuerst sollte entschieden werden, ob wir ehrlich sind. Wenn wir nicht ehrlich sind, bleibt alles, wie es ist." In der US-Klageschrift belasten Zeugenaussagen von VW-Insidern das Management schwer. Kurz bevor die US-Behörden den Abgas-Betrug öffentlich machten, habe die Führungsebene Vertuschung angeordnet.

Meinung:

Es ist längst nicht vorbei

Von SZ-Redakteur Volker Meyer zu Tittingdorf

Freude kann über die Einigung mit der US-Justiz nicht wirklich aufkommen. Zumindest ist sie getrübt. Sicherlich hat VW in der juristischen Aufarbeitung des Abgas-Skandals nun ein wichtiges Etappenziel erreicht. Doch der Preis dafür ist hoch, und weitere schwierige Etappen stehen noch bevor. Die Wolfsburger müssen noch mehr Milliarden zurücklegen, die eigentlich für Investitionen in die Zukunft gebraucht werden. Und wenn sich die Vorwürfe erhärten sollten, dass man im VW-Vorstand viel früher vom Abgas-Betrug wusste als bisher zugegeben, drohen Rücktritte an der Konzernspitze und teure juristische Folgen - auch in Deutschland. Selbst die Riesensumme von gut 21 Milliarden Euro , die VW in den USA zahlen muss, werden wohl nicht reichen, um den Abgas-Skandal finanziell zu bewältigen.

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