Zwei Todesfälle wegen Keimen in Wurst Auch im Saarland müssen Produkte aus den Regalen verschwinden

Saarbrücken/Twistetal-Berndorf · Behörden haben das Werk des Unternehmens Wilke Waldecker Fleisch- und Wurstwaren wegen hoher Listerienbelastung geschlossen. Im Saarland wurden zehn Großhändler beliefert. Inzwischen hat das Unternehmen Insolvenz angemeldet.

 Das nordhessische Traditionsunternehmen meldet wegen eines Listerienskandals mit zwei Todesopfern Insolvenz an.

Das nordhessische Traditionsunternehmen meldet wegen eines Listerienskandals mit zwei Todesopfern Insolvenz an.

Foto: dpa/Uwe Zucchi

Ein Lebensmittelskandal erschüttert derzeit Deutschland. Zwei Todesopfer haben die Produkte der Firma Wilke in Südhessen nachweislich gefordert. Das geht aus einer Überprüfung durch das Robert-Koch-Institut (RKI) mit einer Wahrscheinlichkeit von 99,6 Prozent hervor. Jetzt prüft auch das Saarländische Landesamt für Verbraucherschutz, welche Produkte hierzulande im Umlauf sind.

„Insgesamt haben wir von zehn Großhändlern Kenntnis, die die Waren im Saarland vertrieben haben“, sagt Sabine Schorr, Pressesprecherin im Verbraucherschutzministerium. Kontrolleure seien dabei nachzuverfolgen, welche Unternehmen beliefert worden seien, um die kontaminierten Produkte schnellstmöglich aus dem Verkehr ziehen zu können. „Die Produkte wurden allerdings ziemlich breit gestreut“, sagt Schorr. „Betroffen sind unter anderem Restaurants, Dönerläden und Altenheime.“ Zum jetzigen Zeitpunkt sei noch nicht nachvollziehbar, welche Betriebe konkret betroffen sind. Dafür sei deren Zahl zu groß und der Warenweg zu verschlungen. In einer Pressemitteilung stellt beispielsweise der Lebensmittelhersteller Dr. Oetker klar, das Unternehmen habe nie mit Wilke zusammengearbeitet und keine Produkte der Firma weiterverarbeitet.

Was Verbraucher tun sollten

Verbraucher sind jetzt dazu aufgerufen, die Wurstwaren zu identifizieren und zu meiden. Doch das klingt einfacher, als es in der Praxis ist. Denn: Wo Wilke drin ist, steht nicht unbedingt Wilke drauf. Schorr: „Die Produkte wurden auch unter anderem Namen vertrieben. Allerdings gibt es ein sogenanntes Identitätskennzeichen auf der Ware.“ Auf dieses weist bereits der Hersteller selbst in einer Pressemitteilung hin. „Die betroffenen Waren sind durch das auf allen Verpackungen angebrachte ovale Identitäskennzeichen ‚DE EV 203 EG’ eindeutig zu identifizieren“, heißt es da. Allerdings seien Waren auch in „loser Form“ über Wursttheken und bei Krankenhausküchen und Kantinen in Umlauf gebracht worden.

Die Verbraucherschutzorganisation Foodwatch wirft dem Unternehmen und den Behörden schwere Versäumnisse vor. Geschäftsführer Martin Rücker schreibt hierzu auf foodwatch.org: „Die Behörden müssen alles dafür tun, um die Menschen rechtzeitig vor dem Verzehr potenziell gefährlicher Lebensmittel zu warnen – genau das haben der Landkreis und das Unternehmen versäumt.“

Einem Sprecher aus dem Landkreis Waldeck-Frankenberg zufolge wurden die Keime in Pizzasalami und Brühwurst nachgewiesen. Den ersten Fund in einem Wilke-Produkt habe es im März in Hamburg gegeben. „Das ist unserer Lebensmittelüberwachung gemeldet worden“, sagte Kreissprecher Hartmut Wecker. Die Behörden hätten dann Proben in dem Betrieb genommen und eine Grundreinigung angeordnet. Das habe nicht geholfen. „Deswegen war es jetzt notwendig, den Betrieb zu schließen, um Quelle und Keimherd zu finden.“ Denn wie die Listerien in die Wurst kamen, sei weiter unklar.

Was sind eigentlich Listerine?

Die Fleisch- und Wurstwaren sind mit einem Krankheitserreger namens Listeria monocytogenes verunreinigt. Das ist ein Bakterium, das die Krankheit Listeriose auslösen kann und meistens durch verunreinigte Lebensmittel in den Körper gelangt. Für gesunde Menschen ist das Bakterium harmlos und verläuft sogar oft klinisch inapparent, also ohne erkennbare Symptome. Sollte die Krankheit dennoch ausbrechen, klagen Menschen mit einem gesunden Imunsystem oft über Magen-Darm-Beschwerden, Übelkeit, Erbrechen und Durchfall.

Bedrohlich kann die Erkrankung bei Kindern, Älteren, immungeschwächten Personen oder Schwangeren verlaufen. Die Folgen einer Infektion können mit Blutvergiftung und Hirnhautentzündungen einhergehen. Bei Schwangeren Frauen kann es sogar zu Fehl- oder Totgeburten kommen. Aus diesem Grund rät der Hersteller in seiner Pressemitteilung: „Personen, die betroffene Produkte verzehrt haben und schwere oder anhaltenden Symptome entwickeln, sollen ärztliche Hilfe aufsuchen und ihren Arzt auf ein mögliche Listerien-Infektion hinweisen.“ Schwangere, die die Produkte zu sich genommen haben, sollten auch ohne Sympome einen Arzt konsultieren. Die gekauften Produkte können jederzeit beim Einzelhandel unter Erstattung des Kaufpreises zurückgegeben werden.

Unternehmen meldet Insolvenz an

Das Unternehmen habe die Eröffnung eines vorläufigen Insolvenzverfahrens beantragt, sagte ein Sprecher des Amtsgerichts Korbach. Aufgrund des Lebensmittelskandals sei der Fleischwarenbetrieb in wirtschaftliche Schieflage geraten.

In dem nordhessischen Traditionsunternehmen, das seit über 80 Jahren existiert, arbeiten etwa 200 Menschen.

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