EU ringt um Abwehr von Billigimporten

Brüssel · Eine gemeinsame Strategie der EU-Länder zum Schutz heimischer Industrien vor Dumping-Konkurrenz ist nicht in Sicht. Deutschland gehört offenbar zu den Staaten, die scharfe Abwehrmaßnahmen ablehnen.

 Die europäische Stahlindustrie kämpft vor allem mit Billigkonkurrenz aus China. Foto: dpa

Die europäische Stahlindustrie kämpft vor allem mit Billigkonkurrenz aus China. Foto: dpa

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Es ist die Angst vor dem 11. Dezember, die in Brüssel umgeht. An diesem Tag erlischt ein Zusatzartikel im Beitrittsprotokoll Chinas zur Welthandelsorganisation (WTO) - mit drastischen Folgen. Ausgerechnet das Land in Fernost, dessen Wirtschaft ohne staatliche Lenkung und Subventionierung kaum denkbar ist, wird offiziell zur Marktwirtschaft . Und damit verliert die EU ihre bisherige Möglichkeit, sich mit Strafzöllen gegen Dumping-Preise auf Billigimporte etwa beim Stahl zu wehren. "Wir sollten nicht naiv sein", sagte gestern Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker , als er eine neue Strategie seines Hauses vorstellte. "Unsere gegenwärtigen Regeln sind unwirksam, wenn es um den Kampf gegen unfairen Wettbewerb geht." Um welche Dimension es wirklich geht, machte gestern Kommissions-Vize Jyrki Katainen deutlich: "30 Millionen Jobs hängen direkt oder indirekt vom Export ab." Doch die groß angekündigte Offensive, eine Art Instrumenten-Sammlung zur Abwehr von Billigimporten aus China und anderen Ländern, entpuppte sich gestern als eher lascher Versuch, sich durch eine neue Berechnungsmethode aus der Affäre zu ziehen. Angedacht ist, durch systematische Länderberichte festzustellen, wo Marktwirtschaft durch staatliche Einmischung begünstigt oder subventioniert werde. Gegenüber solchen Staaten will die EU auch künftig Schutzzölle verhängen können.

Die Wirksamkeit ist umstritten, aber selbst die Befürworter sehen die Probleme an ganz anderer Stelle. Denn das Thema gehört zum Zündstoff des heute in Brüssel beginnenden Gipfeltreffens der 28 Staats- und Regierungschefs - und spaltet diese in zwei Lager. Deutschland und einige andere exportstarke EU-Länder wollen lieber nicht allzu scharf gegen Pekings Niedrigpreis-Lieferungen vorgehen, um die chinesische Führung nicht zu verärgern. Dagegen stehen vor allem Italien und Spanien auf den Barrikaden, weil sie Europa im Ringen um den Markt für Solar-Paneelen, Textilien, Keramik, Schuhe und vor allem Stahl auf der Verliererstraße sehen. Kein Wunder: In den vergangenen Monaten sind bereits zigtausende Jobs in der europäischen Stahlindustrie weggefallen, weil die hiesigen Unternehmen der chinesischen Billigkonkurrenz unterlegen sind.

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