Wer wusste was im Fall Edathy?

Berlin · Die Regierungsparteien halten ihn für überflüssig, die Opposition erhofft sich hingegen neue Erkenntnisse. Der Untersuchungsausschuss zur Edathy-Affäre hat gestern seine Arbeit aufgenommen.

Öffentlich zu Wort gemeldet hat sich der ehemalige SPD-Abgeordnete Sebastian Edathy schon länger nicht mehr. Er ist abgetaucht. Bald jedoch könnte der unter Kinderpornografie-Verdacht stehende Niedersachse sein selbst gewähltes Exil verlassen. Gestern konstituierte sich der Untersuchungsausschuss des Bundestages zu der Affäre. Edathy ist aus Sicht aller Parteien einer der wichtigsten Zeugen.

Wenn er tatsächlich irgendwann einer Ladung folgen und aussagen wird, was wollen ihn die Abgeordneten eigentlich fragen? Immerhin läuft gegen Edathy ein Ermittlungsverfahren wegen des Besitzes von Kinderpornografie. Über eine Anklageerhebung soll demnächst entschieden werden. Um diesen Aspekt kann es also nicht gehen. Einig ist sich das achtköpfige Gremium, dass der ehemalige Innenexperte Auskunft geben soll, ob er einen Tipp zu den Ermittlungen gegen sich bekommen hat. Möglich ist das: Eine Vielzahl von Ämtern und Personen wusste über eine lange Zeit Bescheid, dass Edathys Name auf der Kundenliste eines Kinderpornografie-Händlers in Kanada aufgetaucht war - selbst der damalige Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU ) und die SPD-Spitze waren im Bilde. Friedrich stürzte Anfang des Jahres, weil er SPD-Chef Sigmar Gabriel informiert hatte. "Was ist an Informationen bei ihm angekommen?", will der CDU-Mann Michael Frieser von Edathy wissen. Mit sensationellen Enthüllungen rechnet er allerdings nicht. "Es geht auch darum, Verschwörungstheorien wegzuräumen."

Das sagt viel über die Einstellung zum Ausschuss aus. Anders als die Opposition hält die schwarz-rote Koalition das Gremium für weitgehend überflüssig. In vier Sondersitzungen des Innenausschusses sei das Thema erschöpfend beraten worden, heißt es unisono. Die Ausschussvorsitzende Eva Högl (SPD ) will deshalb vor allem "ein Gesamtbild" der Affäre erstellen. Unionsmann Armin Schuster geht noch weiter: Er hofft, das Thema der Kinderpornografie sowie mögliche Verbesserungen bei der Ermittlungsarbeit der Behörden bundesweit in den Vordergrund rücken zu können. Die Union treibt vor allem die Sorge um, Grüne und Linke könnten mit dem Ausschuss nur ihre "Allergie gegenüber den Sicherheitsbehörden" ausleben wollen, vor allem gegen das Bundeskriminalamt (BKA). "Das machen wir nicht mit", droht Schuster.

Allerdings wusste das BKA seit 2011 vom Verdacht gegen Edathy, blieb aber untätig. Außerdem stand auch ein BKA-Mitarbeiter auf der Kundenliste des Kinderporno-Händlers. Die Grüne Irene Mihalic will herausfinden, wie die Vorgänge beim BKA waren. Sie fragt, warum das Amt "solange mit der Information im Haus gelebt hat", ohne zu reagieren? Außerdem sei wichtig, wie der Informationsaustausch zwischen BKA und Regierung gelaufen sei. Bei der Opposition hofft man auf neue Erkenntnisse.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort