Weiter Poker im US-Schuldenstreit

Washington/Hongkong. Im Streit um die US-Staatsverschuldung ringen die Verantwortlichen in Washington weiter um eine baldige Einigung. Außenministerin Hillary Clinton ermahnte gestern in einer Rede vor Unternehmern in Hongkong den US-Kongress zu einer baldigen Einigung, um eine Zahlungsunfähigkeit der USA abzuwenden

Washington/Hongkong. Im Streit um die US-Staatsverschuldung ringen die Verantwortlichen in Washington weiter um eine baldige Einigung. Außenministerin Hillary Clinton ermahnte gestern in einer Rede vor Unternehmern in Hongkong den US-Kongress zu einer baldigen Einigung, um eine Zahlungsunfähigkeit der USA abzuwenden. "Das politische Tauziehen in Washington ist derzeit sehr intensiv", sagte Clinton. "Solche Debatten" seien in den USA jedoch auch aus historischer Sicht üblich. Sie sei "zuversichtlich, dass der Kongress eine Einigung zur Schuldengrenze erzielen" und mit US-Präsident Barack Obama zusammenarbeiten werde, sagte Clinton.Demokraten und Republikaner ringen derzeit um eine Anhebung der gesetzlichen Schuldengrenze von 14,3 Billionen Dollar (rund zehn Billionen Euro). Ohne einen entsprechenden Beschluss des US-Kongresses bis zum 2. August droht den USA die Zahlungsunfähigkeit, was zu Unruhe an den Finanzmärkten und zur Rezession in den USA führen könnte. Die Demokraten wollen zur Etatsanierung auch höhere Steuern für Reiche und Konzerne durchsetzen, was die Republikaner ablehnen.

Mehrere Gespräche Obamas mit Politikern von Demokraten und Republikanern hatten zuvor keinen Durchbruch in dem Streit gebracht. Der republikanische Mehrheitsführer im Repräsentantenhaus, John Boehner, sagte nach einem Treffen mit dem Präsidenten am Samstag laut Parteifreunden zwar, er strebe eine Einigung mit den Demokraten vor Börsenöffnung am Montag an, um Investoren die Angst vor einem Zahlungsausfall der USA zu nehmen. Dazu kam es jedoch nicht.

Auch ein Gespräch Obamas mit dem demokratischen Mehrheitsführer im Senat, Harry Reid, und der Anführerin der Demokraten im Repräsentantenhaus, Nancy Pelosi, verlief am Sonntag ohne Ergebnis.

Der Stabschef im Weißen Haus, Bill Daley, hatte vor Überreaktionen gewarnt. Man habe "ein paar stressige Tage vor sich, stressig für die Weltmärkte und stressig für das amerikanische Volk". Es gelte nun, der Finanzwelt Gewissheit und Sicherheit zu vermittlen. US-Finanzminister Timothy Geithner schloss indes die Möglichkeit einer Insolvenz der Vereinigten Staaten aus. "Es ist undenkbar, dass wir unseren Verpflichtungen nicht nachkommen", sagte Geithner dem US-Sender CNN.

Aus Sorge vor der Zahlungsunfähigkeit der USA fielen gestern dennoch weltweit die Börsenkurse. Die Anleger gehen nach Einschätzung von Händlern auf Nummer sicher und scheuen das Risiko. Der Preis für eine Feinunze Gold setzte die Rekordjagd der vergangenen Handelstage fort und erreichte in der Spitze 1622,49 Dollar. afp/dpa

Meinung

Eine Krise, die keine sein müsste

Von SZ-KorrespondentThomas Spang

Natürlich haben beide Seiten zu der verfahrenen Situation beigetragen. Die Hauptverantwortung liegt aber eindeutig bei den Republikanern. Angetrieben von den Rechtspopulisten der Tea-Party-Bewegung haben sie eine Krise erzeugt, die in Wirklichkeit keine sein müsste. Aus einer über hundert Jahre unbemerkten Routine, die Schuldendecke anzuheben, haben sie einen Staatsakt gemacht.

Bei den Republikanern geben heute Heißsporne den Ton an, denen die reine Lehre mehr zählt als die Kunst, Kompromisse zu schmieden. Der Tea-Party könnte damit am zehnten Jahrestag der Anschläge vom 11. September 2001 eigenhändig gelingen, wovon Osama bin Laden damals geträumt hatte: die USA in den Bankrott zu treiben.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort
Trauer in NorwegenWieder ein schwerer Tag für Norwegen: Die Trauer um fast 80 getötete Menschen wurde überschattet von den grotesken Äußerungen des Attentäters vor dem Haftrichter: Er habe vor allem die "Rekrutierung" junger Sozialdemokraten unterbinden w
Trauer in NorwegenWieder ein schwerer Tag für Norwegen: Die Trauer um fast 80 getötete Menschen wurde überschattet von den grotesken Äußerungen des Attentäters vor dem Haftrichter: Er habe vor allem die "Rekrutierung" junger Sozialdemokraten unterbinden w