Viel Konfliktstoff für die Nato

Brüssel · Der Streit zwischen der Türkei und Russland kommt für die Nato höchst ungelegen. Beide Länder spielen bei den Syrien-Gesprächen eine große Rolle. Zudem hat die Allianz in Afghanistan alle Hände voll zu tun.

Die Nato hat ein neues Sorgenkind: die Türkei. Kaum ein anderes Mitglied der Allianz grenzt an so viele Unruheherde wie das Land am Bosporus. "Wir stehen zu unserer Zusage, Sicherheit für unseren Partner zu garantieren", betonte denn auch Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg gleich zu Beginn des gestrigen Treffens der Außenminister aus den 28 Mitgliedstaaten in Brüssel . Man werde "an weiteren Maßnahmen arbeiten, um die Sicherheit der Türkei zu erarbeiten".

Doch diese Pläne sind nicht neu, sie waren schon beschlossen worden, bevor Ankara mit dem Abschuss eines russischen Bombers einen Eklat provoziert hatte. Es ist einer von vielen Alleingängen der türkischen Regierung, mit denen sich die Allianz anschließend herumschlagen muss. Doch Stoltenberg blieb auch gestern dabei, dass ein "Angriff auf die Türkei auch ein Angriff auf die Nato " sei. Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier drückte sich deutlich zurückhaltender aus, als er nach diesem Konflikt und dem Eingreifen in Syrien gefragt wurde: "Es gibt keinen Grund für eine aktive Rolle des Bündnisses", sagte er in Brüssel . Wie er äußerten sich auch andere Außenamtschefs. Tatsächlich braucht die Nato zu diesem Zeitpunkt nichts weniger als einen Konflikt mit Russland. Zu groß ist das Risiko, dass die anlaufenden Maßnahmen wie eine verbesserte Luftraumüberwachung bis hin zur Installation von Flugabwehr-Raketen zum Schutz der Türkei im Kreml missverstanden werden können, während man Russland gleichzeitig als zentralen Partner bei den Wiener Syrien-Gesprächen braucht.

Tatsächlich hat die Allianz derzeit alle Hände voll zu tun. Über viele Jahre hinweg war man vor allem damit befasst, die Engagements wie in Afghanistan zu Ende zu bringen und den Abzug zu organisieren. Doch die Sicherheitslage am Hindukusch hat sich dramatisch verändert. "Wir werden unsere Ausbildungs- und Trainingsmission Resolute Response (Resolute Antwort, d. Red.) 2016 fortführen", betonte Stoltenberg. 12 000 Soldaten sollen dann die afghanischen Kräfte beraten und ausbilden, derzeit sind es 13 110, der eigentliche geplante Abzug wird gestoppt. Deutschland wird sein Kontingent sogar auf 980 (von 850) Soldaten erhöhen. Dass man sich langsam wieder von einer reinen Unterstützung der afghanischen Sicherheitskräfte hin zu einem Einsatz mit militärischem Auftrag entwickelt, deutet sich an. "Das Land droht zu einem Hort für islamistische Terroristen zu werden", so Stoltenberg. Das will das Bündnis verhindern.

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