Trump bleibt sich treu

Die obere Lobby im Trump-Tower. Nur wenige Schritte entfernt von der goldglänzenden Rolltreppe, die Donald Trump im Sommer 2015 herunter glitt, um seine Präsidentschaftskandidatur zu verkünden. Damals gab es kaum jemanden, der den Immobilienunternehmer für seine Pläne nicht verspottet hätte. Nun holt er die Weltöffentlichkeit zu sich nach Hause - nicht nach Washington, sondern in seinen gläsernen Wolkenkratzer an der Fifth Avenue im Herzen Manhattans.

Es ist das erste Mal seit seinem Wahlsieg, dass Trump sich den Fragen mehrerer Journalisten stellt, und die erste Pressekonferenz seit Juli 2016. Massiv hatte Trump sich am Morgen gegen neu aufgetauchte Berichte gewehrt, Russland könne ihn mit schmutzigem Material erpressen. Eine Serie von Tweets setzte er ab, spricht von einer Hexenjagd und fragt, ob man denn jetzt in Nazi-Deutschland sei?

Die magentafarbene Krawatte im scharfen Kontrast zur blauen Wand hinter ihm, steht Trump dann vor zehn US-Flaggen an einem Podium. 300 Journalisten drängen sich auf dem Marmorboden. Einige Reporter blättern noch in der "New York Times". Das Titelfoto zeigt Vorgänger Barack Obama , wie er sich nur wenige Stunden zuvor bei seiner Abschiedsrede in Chicago Tränen aus dem Gesicht drückt.

Nach etwas wirren ersten zehn Minuten Statement starten Fragen und Antworten. Was folgt, ist ein Parforceritt, dem nicht immer leicht zu folgen ist. Ja, er sehe Russland hinter den Hacker-Angriffen auf die US-Wahl. Nachfragen weicht er aus. Ob er mit Russlands Präsident Wladimir Putin klar kommen werde? Vielleicht, vielleicht auch nicht. In Russland müsse man immer vorsichtig sein, sagt Trump, gebe es doch kleine Kameras in den Räumen. Nein, er habe keine Schulden in Russland und es liefen auch keine Deals. Es wäre einfach, das nachzuprüfen - man müsste nur in die Steuererklärung des nächsten Präsidenten sehen können. Die will Trump aber weiter partout nicht veröffentlichen. Seiner Anwältin Sheri Dillon obliegt es, die neue Struktur des Trump-Imperiums zu umreißen. Trump übergibt die Macht. Neben einem Tisch voller gewaltiger Aktenstapel, die wohl für das Ausmaß geleisteter Arbeit und die hohe Komplexität der Aufgabe stehen sollen, sucht Dillon, alle Vorhaltungen von Interessenkollisionen ruhig und strikt zurückzuweisen. Die Söhne Eric und Donald Jr. sollen die vollständige Kontrolle über das weitverzweigte Reich haben, der künftige Präsident soll den Immobilienunternehmer in sich angeblich komplett verschwinden lassen. Das ist bei der engen Zusammenarbeit und dem eisenfesten Untergehaktsein der Familie schwer vorstellbar. Zumindest will er neue Jobs schaffen: "Wir werden der größte Arbeitsplatzbeschaffer sein, den Gott je geschaffen hat. Daran glaube ich."

Unangenehme Fragen wischt der 45. US-Präsident weg, bleibt in der Art seiner Antworten nah am Wahlkämpfer Trump. Mindestens latent aggressiv, aber auch offen: Wie auch immer man die Arbeit von Buzzfeed oder CNN beurteilen möchte, dass ein angehender US-Präsident Reporter als "Haufen Müll" bezeichnet, hat es auch noch nicht gegeben. Für sich und die Seinen bleibt Trump voll des Lobes. Konkretes gibt es wenig. Was wird an die Stelle von Obamacare treten? Wer würde für eine Mauer nach Mexiko bezahlen? Man weiß es auch nach der Pressekonferenz nicht. Gleiches gilt für seine Geschäfte. Nirgends ist das Nebeneinander Trumps in den beiden Rollen als Staats- und Geschäftsmann so sichtbar wie hier im Trump-Tower. Gleich neben dem blauen Vorhang sind in Glasvitrinen Trump-Produkte ausgestellt. Die rote Baseball-Mütze aus dem Wahlkampf, aber auch seine Eau de Toilettes, "Empire" und "Success". Trumps Erfolg soll man riechen können. Wie sehr die Welten hier verschwimmen, wird klar, als der ehemalige Reality-TV-Star, der nie ein politisches Amt bekleidet hat, den Auftritt seiner Anwältin zur künftigen Firmenstruktur kommentiert. Wenn Eric und Donald Jr. nach seiner Präsidentschaft keinen guten Job gemacht haben, werde er einfach sagen: "Ihr seid gefeuert." Großes Gelächter im Saal.

Meinung:

Amerikas Super-GAU?

Von SZ-Mitarbeiter Friedemann Diederichs

Seien wir ganz ehrlich: Nach allem, was bisher über Donald Trump , seine Charakterschwächen und seinen Umgang mit Frauen bekannt geworden ist, wäre es durchaus vorstellbar, dass er sich bei seinen Russland-Reisen in kompromittierende Situationen begeben hat. Und so dem Kreml Material geliefert hat, um ihn zu beeinflussen. Doch was ist bei den Berichten Fiktion, was ist Wahrheit? Diese Frage wird sich wohl nie klar beantworten lassen, denn das Risiko für Augen- oder Ohrenzeugen ist enorm, würden sie tatsächlich an die Öffentlichkeit treten. Zieht man die ungewöhnliche Freundlichkeit des neuen US-Präsidenten gegenüber dem russischen Präsidenten Wladimir Putin und die Nominierung des Putin-Freundes Rex Tillerson als Außenminister ins Kalkül, könnte man allerdings durchaus zu dem Ergebnis kommen, das gewisse Abhängigkeiten bestehen. Und das wäre für Amerikas künftige Politik wahrhaftig der Super-GAU: ein Präsident als Marionette einer anderen Supermacht. Nichts würde einer westlichen Demokratie mehr schaden als eine solche Erkenntnis. Und nichts würde dem Kreml mehr Genugtuung bereiten als eine solche Konstellation.

Zum Thema:

Hintergrund Der künftige US-Präsident Donald Trump verspricht bessere Beziehungen zu Russland und lobt sein Gegenüber im Kreml, Wladimir Putin. Der schillernde Multimilliardär hat eindeutig eine enge Beziehung zu Russland und trotzdem ist vieles daran rätselhaft. Eine Übersicht: 1986 will der Geschäftsmann in New York den damaligen sowjetischen Botschafter Juri Dubinin kennengelernt haben. Daran knüpften sich ein Besuch in Moskau und erste Pläne für ein Hotel an, so schildert es Trump in seinem Buch "The Art of the Deal". Belegbar ist, dass sich viele zu Geld gekommene Russen in Trump-Immobilien eingekauft haben. Trump-Firmen waren auch auf Moskauer "Millionärsmessen" für Luxusgüter vertreten. Hillary Clinton wäre für Putin ein hartes, erfahrenes, aber berechenbares Gegenüber gewesen. Trump ist dagegen unberechenbar. Dennoch dürfte der unerfahrene Neuling aus Putins Sicht als lenkbar erscheinen. dpa

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort