Terror im glücklichen Kopenhagen: Attentäter tötet zwei Menschen - Mann war der Polizei bekannt

Terror in Europa: Seit den Mohammed-Karikaturen gilt Dänemark als Ziel von Terroristen. Dennoch hätten sich viele nicht träumen lassen, dass Anschläge das beschauliche Kopenhagen treffen könnten. Zeitgleich wird in Braunschweig der Karnevalsumzug abgesagt – aus Angst vor Anschlägen.

Um kurz vor fünf Uhr am Sonntagmorgen hört er die Sirenen. Kurz darauf acht bis zwölf Schüsse . "Zuerst dachte ich, es ist Feuerwerk", erzählt Jesper. "Doch innerhalb von 30 Sekunden sah ich viele Polizisten ." Der 48-jährige Elektriker wohnt im Stadtteil Nørrebro im Nordwesten von Kopenhagen in einem Mehrfamilienhaus. Sein Zuhause in dem Migrantenviertel ist nur wenige Meter von der Straße entfernt, in der die dänische Polizei am frühen Sonntagmorgen einen Mann erschießt, der zwei Terroranschläge verübt haben soll. Mit dem Tod des jungen Mannes enden höchst dramatische Stunden in der sonst so beschaulichen Großstadt.

30 Schüsse ins Café



In die Idylle bricht der Terror zum ersten Mal am Samstagnachmittag ein - direkt neben dem größten Park der Stadt im bürgerlichen Østerbro. Um die 30 Schüsse knallen gegen die Fensterscheiben des Kulturcafés Krudttønden ("Pulverfass"), in dem eine Gruppe aus Künstlern, Filmemachern und Feministinnen gerade über Meinungsfreiheit debattiert. Die Diskussion sei harmlos gewesen, auf keine Weise provozierend, sagt der Forscher Dennis Meyhoff Brink später. Auf einer Tonaufnahme vom Tatort ist eine Rednerin zu hören. Dann die Schüsse . Stühlerücken, Schritte, aufgeregte Stimmen. "Ich habe gedacht, ich sterbe", sagt Meyhoff Brink. Einige Gäste rennen zur Tür hinaus, unter ihnen auch der 55-jährige Regisseur Finn Nørgaard, der Medienberichten zufolge später tot zwischen Autos liegt, getroffen von den Schüssen des Täters. Eigentlich, meinen die Ermittler, habe der Angriff wohl dem Karikaturisten Lars Vilks gegolten. Der Schwede war ebenfalls Gast im Krudttønden. Ihm passierte nichts: Er verschanzte sich zusammen mit der Mitorganisatorin in einem Kühlraum.

Über den Dänen schwebt die Terrorgefahr seit den Mohammed-Karikaturen des dänischen Zeichners Kurt Westergaard 2005. Seitdem gleicht die Redaktion der "Jyllands-Posten", die die Bilder damals veröffentlicht hatte, einer Festung. Nach dem Angriff auf das Satiremagazin "Charlie Hebdo" im Januar in Paris mit zwölf Toten hatten Polizisten das Straßenbild in Kopenhagen wieder stärker geprägt. Und doch hätten sich die meisten Einwohner einen Anschlag in ihrer Stadt nicht träumen lassen.

Nach dem Angriff ruft die Polizei eine Großfahndung aus, auch an den deutschen Grenzen werden Autofahrer kontrolliert. Doch so weit treibt es den Täter nicht: Seinen Fluchtwagen, einen dunklen VW Polo, stellt er schnell ab, lässt sich von einem Taxi nach Hause bringen, nach Nørrebro. Eine verhängnisvolle Entscheidung für den Attentäter , über den man zunächst nur weiß, dass er arabisch aussieht, denn der Taxifahrer liefert den Ermittlern den entscheidenden Tipp.

Nur wenige Stunden später, Kopenhagens Nachtschwärmer haben sich von dem ersten Schock erholt, ertönen erneut die Polizei-Sirenen. Der Täter schlägt noch einmal zu. Wieder fallen Schüsse , wieder gibt es einen Toten und mehrere Verletzte. Diesmal nahe einer Synagoge im Zentrum, wo in der jüdischen Gemeinde eine Bat Mizwa gefeiert wird. Ein Wachmann stirbt.

Eine Spezialeinheit der Polizei liegt da schon auf der Lauer vor der Wohnung des mutmaßlichen Attentäters. Als er am frühen Sonntagmorgen von seiner zweiten Terrortat zurückkommt, rufen die Polizisten nach ihm. Als er das Feuer eröffnet, treffen ihn Polizeikugeln tödlich vor seiner Haustür. Die Ermittler kannten den Mann. Er lebte in der Stadt, war Kopenhagener. Komplizen soll er nicht gehabt haben. Die Dänen können wieder aufatmen.

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