Oberhaus berät Ausstieg aus der EU

London · Das britische Oberhaus debattiert derzeit den Brexit-Gesetzentwurf. Die Kammer des Parlaments will Änderungsanträge durchsetzen.

Allein schon der mit Gold verzierte Thron - man kommt nicht umhin, beim Blick ins Oberhaus des britischen Parlaments an den längst vergangenen Glanz des einstigen Empires zu denken. Das House of Lords gehört als eine von zwei Kammern zum Parlament, dem nach einem Gerichtsurteil des Obersten Gerichtshofes ein Mitspracherecht beim Start des Brexit-Verfahrens eingeräumt wurde. Vor zwei Wochen haben bereits die gewählten Abgeordneten des House of Commons, des Unterhauses, dem Gesetzentwurf in überwältigender Mehrheit zugestimmt. Er soll der Regierung unter Premierministerin Theresa May die Vollmacht geben, den Austrittsprozess nach Artikel 50 der EU-Verträge zu starten. Seit gestern beraten nun die Lords.

Im nicht gewählten Oberhaus verfügen die konservativen Tories über keine Mehrheit, was Regierungschefin May nervös zu machen scheint. Gestern setzte sie sich deshalb als Beobachterin auf die Stufen vor den riesigen Thron. Das ist äußerst ungewöhnlich, seit Jahrzehnten wohnte kein Premierminister solch einer Debatte mehr bei, und schon gar nicht wählten die Regierungschefs diesen Sitzplatz. Doch für May steht viel auf dem Spiel, entsprechend großen Druck will sie ausüben. Sollte am Ende das mehrheitlich europafreundliche Oberhaus Änderungen des Gesetzes beantragen, würde das den Zeitplan Londons gehörig durcheinander bringen. Und das wird erwartet.

So wollen einige Peers etwa erreichen, dass den EU-Bürgern im Königreich noch vor den Ausstiegsverhandlungen eine Bleibegarantie ausgesprochen wird. Das lehnt May mit der Begründung ab, es würde den Spielraum der Regierung bei den Gesprächen mit der EU einschränken. Die Regierungschefin will bis spätestens Ende März den Scheidungsantrag in Brüssel stellen. Umso eindringlicher warnte sie vor Verzögerungen. "Ich will niemanden sehen, der den Willen des britischen Volkes aufhält." Das Unterhaus habe das Gesetz dazu ohne Zusätze verabschiedet. "Ich hoffe, das Oberhaus wird das beachten."

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