Lebacher Morde wurden Politikum

Saarbrücken. Das bislang schwerste Gewaltverbrechen in der Geschichte des Saarlandes und der erste bewaffnete Angriff auf die Bundeswehr überhaupt ereignete sich vor 40 Jahren in Lebach. Es war der Morgen des 20. Januar 1969. Wie spätere Tatrekonstruktionen ergaben, begann der Überfall auf ein Munitionsdepot der Fallschirmjäger gegen drei Uhr in der Früh

 In diesem Wachhaus des Munitionsdepots bei Lebach-Landsweiler, aus dem gerade ein Sarg getragen wird, geschah die Bluttat. Foto: SZ

In diesem Wachhaus des Munitionsdepots bei Lebach-Landsweiler, aus dem gerade ein Sarg getragen wird, geschah die Bluttat. Foto: SZ

Saarbrücken. Das bislang schwerste Gewaltverbrechen in der Geschichte des Saarlandes und der erste bewaffnete Angriff auf die Bundeswehr überhaupt ereignete sich vor 40 Jahren in Lebach. Es war der Morgen des 20. Januar 1969. Wie spätere Tatrekonstruktionen ergaben, begann der Überfall auf ein Munitionsdepot der Fallschirmjäger gegen drei Uhr in der Früh. Zwei bewaffnete Männer drangen in das Wachhaus des Fallschirmjägerbataillons ein. Sie eröffneten das Feuer auf die fünf dort anwesenden, teils schlafenden Soldaten. Dann entwendeten die Angreifer den Schlüssel zum Munitionsbunker und stahlen drei Gewehre, zwei Pistolen sowie eine Kiste Munition. Auch das Wachbuch nahmen sie mit, bevor sie im Dunkel der Nacht verschwanden.

Gegen 7.30 Uhr kam die Wachablösung. Die Soldaten fanden in der Wachstube die Leichen des Unteroffiziers Erwin P. (21, verheiratet, ein Kind), des Obergefreiten Arno B. (28, verheiratet, ein Kind) und des Gefreiten Dieter H. (21, ledig). Lebensgefährlich verletzt waren die Gefreiten Ewald M. und Reinhard S. (beide 21 und ledig). M. starb wenige Tage nach dem Überfall an seinen schweren Verletzungen, S. überlebte als einziger der fünfköpfigen Wachmannschaft.

Der Fall wurde innerhalb weniger Stunden zum Politikum. Der damalige Verteidigungsminister Gerhard Schröder (CDU) und der spätere Generalbundesanwalt Siegfried Buback, damals Oberstaatsanwalt, kamen sofort nach Lebach. Mit ihnen kamen zeitweise mehr als 100 Reporter der größten Medien an die Saar. Sie berichteten weltweit über den brutalen Soldatenmord. Währenddessen arbeitete die Polizei unter Hochdruck. Eine Sonderkommission mit bis zu 130 Beamten verfolgte fast 2500 Einzelspuren. Im April 1969 griff die Sendung "Aktenzeichen XY ungelöst" den Fall auf. In dem TV-Beitrag ging es auch um Erpressung. Hintergrund: Im Februar hatten zwei Medienhäuser in Hamburg Bekennerbriefe zum Fall Lebach mit Seiten aus dem Wachbuch erhalten, in denen eine angebliche Mafia-Gruppe mit weiteren Straftaten drohte. Ein Finanzmakler in München erhielt zudem einen Erpresserbrief, in dem 800 000 Mark zum Schutz vor Anschlägen gefordert wurden. Fazit von "Aktenzeichen XY": "Der Überfall in Lebach sollte offenbar den Boden bereiten für Erpressungen großen Stils."

Aber die Täter hatten Spuren hinterlassen. Und die Fahnung von XY hatte Erfolg. Ende April 1969 wurden drei Männer (26 und 24 Jahre) aus Rheinland-Pfalz verhaftet. Statt von Terroristen oder Mafiosi war nun von "Kleinstadtmördern" die Rede. Die Angeklagten hatten nach eigener Aussage mit den erbeuteten Waffen bei geplanten Erpressungen Druck ausüben wollen. Mit dem erpressten Geld habe man sich ins Ausland absetzen wollen. Zwei von ihnen wurden am 7. August 1970 zu lebenslanger Haft verurteilt, der dritte wegen Beihilfe zum Mord zu sechs Jahren Gefängnis. Einer der Haupttäter sitzt bis heute in Haft.

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