Kitsch statt Klasse

Washington · Die Gegensätze zwischen den Familien könnten nicht größer sein: Die Trumps stehen für Glamour und viele Skandale, die Obamas für Aufgeschlossenheit und Souveränität. Beide haben ihre Fans – und ihre Gegner.

Zurückhaltung ist seine Sache nicht. Donald Trumps Hundert-Millionen-Dollar-Penthouse in New York ist eine Orgie aus Gold, Marmor, Kristall-Kronleuchtern, pseudo-klassischen Deckengemälden, verschnörkelten Kerzenhaltern und anderem teuren Kitsch - und das auf drei Stockwerken: Der designierte US-Präsident liebt es, zu klotzen statt zu kleckern. zumindest will Trump aber die Präsidentenwohnung im Weißen Haus von Washington nicht vollkommen nach seinem Geschmack umgestalten will. Ein bisschen Extravaganz darf es aber wohl sein. Und so scheint sicher, dass nach der Coolness der Obamas ein neuer Stil Einzug an Amerikas Staatsspitze halten wird.

Verkörpert wird dieser Wandel unter anderem von Trumps Frau Melania. Das Ex-Model ist keine starke politische Persönlichkeit wie die kämpferische Rechtsanwältin Michelle Obama und schlägt sich derzeit mit dem Image herum, nur wenig mehr als ein dekorativer Kleiderständer zu sein. Von Melania Trump wisse man derzeit lediglich, dass sie "in Kleidung gut aussieht", sagte der Modeschöpfer Jeremy Scott der "Vanity Fair".

Was nicht bedeutet, dass Michelle Obama nicht mit Mode umgehen kann. Bei ihrer ersten Begegnung mit Melania Trump im Weißen Haus trug sie ein Kleid des Designers Narciso Rodriguez, der ein Sohn kubanischer Einwanderer ist. Eine kleine Spitze gegen Donald Trumps abfällige Bemerkungen über Hispanier und zudem ein Aufruf zur Einigkeit: Obamas Kleid war lila - eine Mischung aus dem Blau der Demokraten und dem Rot der Republikaner, wie die "New York Times" notierte.

Noch ist unbekannt, wie Melania Trump ihre neue Rolle angehen wird. Bei ihrem Treffen mit Michelle Obama trug sie ein betont schlichtes schwarzes Kleid, ganz so, als wolle sie nicht viel Aufhebens um sich machen. Doch eine designierte First Lady sorgt eben immer für Aufsehen - und so hagelte es Kommentare über ihr Kleid: Melania sei nach dem Wahlsieg ihres Mannes offenbar genauso in Trauerstimmung wie viele andere Amerikaner auch, hieß es auf Twitter .

Vorerst bleibt Melania auf Distanz, auch geographisch. Sie will nach der Amtsübernahme ihres Mannes mit ihrem Sohn Barron (10) in New York bleiben und nicht in die Hauptstadt ziehen. Im Weißen Haus wäre für sie weniger Platz als im Trump Tower, wo Barron ein ganzes Stockwerk für sich hat.

Eine gewisse Inszenierung gehört zu jeder Präsidentschaft. John F. Kennedy ging segeln, Ronald Reagan setzte sich wie ein Cowboy aufs Pferd, Bill Clinton spielte Saxofon. Obama ließ im Weißen Haus ein Basketball-Feld einrichten, brachte den Portugiesischen Wasserhund "Bo" als Haustier in den Amtssitz und beeindruckte Beobachter mit seinem Charisma, seinem lässig-schicken Stil und modischen Sonnenbrillen. Hinzu kam eine Disziplin bei der Arbeit und eine Zurückhaltung, die in der amerikanischen Presse als Zeichen von Introvertiertheit gewertet wurde. Die Präsidententöchter Sasha und Malia wurden von ihren Eltern so gut es ging aus dem Scheinwerferlicht der Öffentlichkeit herausgehalten.

Trump protzt gern mit seinem Reichtum, den er im Wahlkampf unter anderem mit seinem privaten Jet vom Typ Boeing 757 ungeniert zur Schau stellte. Der designierte Präsident gilt zudem als jemand, der geliebt werden will, der ganz offen und ständig die Bestätigung durch andere sucht. Und als jemand, der kein Problem mit schnellen 180-Grad-Wenden hat. Im Wahlkampf schimpfte er, Angelas Merkels Flüchtlingspolitik sei ein "Desaster" für Deutschland. In einem Telefonat mit der Kanzlerin nach seinem Wahlsieg war Trump dann "außerordentlich freundlich und zuvorkommend", wie ein Eingeweihter berichtet.

Einfluss auf Trump haben nur wenige Menschen und die kommen aus seiner engsten Umgebung. Seine Frau Melania geigt ihm nach eigenen Worten hin und wieder im New Yorker Penthouse die Meinung. Seine erwachsenen Kinder Ivanka, Eric und Donald Jr. sowie sein Schwiegersohn Jared Kushner fungieren als politische Berater.

Obama bevorzugt klare Strukturen; Trump dagegen kann mit der traditionellen Hierarchie im Weißen Haus nicht viel anfangen. Mit Absicht hat er schon vor seiner Amtsübernahme mehrere Machtzentren in seiner unmittelbaren Umgebung installiert. Sein künftiger Stabschef im Weißen Haus, Reince Priebus, ist ein Vertreter des politischen Establishments und ein Erzfeind seines Chefberaters Steven Bannon, der für Trumps populistische Tendenzen steht. Konflikte sind unwausweichlich: "Wie bei Shakespeare" gehe es zu, beschreibt ein Washingtoner Insider die Dramen innerhalb der Trump-Mannschaft. Doch das ist Trumps Stil.

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