Karlsruhe stoppt Dauer-Haft für gefährliche Täter

Berlin/Saarbrücken. Die Sicherungsverwahrung für besonders gefährliche Straftäter muss völlig neu geregelt werden. Mit einem bahnbrechenden Urteil erklärte das Bundesverfassungsgericht gestern sämtliche Regelungen über die gerade erst reformierte Sicherungsverwahrung für verfassungswidrig. Sie seien mit dem Freiheitsgrundrecht der Betroffenen nicht vereinbar

Berlin/Saarbrücken. Die Sicherungsverwahrung für besonders gefährliche Straftäter muss völlig neu geregelt werden. Mit einem bahnbrechenden Urteil erklärte das Bundesverfassungsgericht gestern sämtliche Regelungen über die gerade erst reformierte Sicherungsverwahrung für verfassungswidrig. Sie seien mit dem Freiheitsgrundrecht der Betroffenen nicht vereinbar. Die Sicherungsverwahrung sei keine Strafe und müsse daher grundsätzlich anders ausgestaltet sein als der vorherige Strafvollzug.Damit kommen aber die Verbrecher nun keineswegs sofort frei. Für die Neuregelung setzten die Richter dem Gesetzgeber eine Frist von zwei Jahren. Zwei Gruppen von Sicherungsverwahrten dürfen aber auch übergangsweise nur unter besonders strengen Voraussetzungen eingesperrt bleiben: Täter, deren Verwahrung rückwirkend über die früher geltende Zehn-Jahres-Frist hinaus verlängert wurde, und solche, bei denen die Verwahrung erst nachträglich angeordnet wurde.

Diese Ausnahmen betreffen nach Aussage des Saar-Justizministeriums acht saarländische Häftlinge, die allerdings in anderen Bundesländern einsitzen. Zwei von ihnen müssten bereits Ende des Jahres in Freiheit kommen, da dann ihre nun wieder auf zehn Jahre begrenzte Sicherungsverwahrung ausläuft. Sie können nach dem Karlsruher Spruch nur hinter Gittern bleiben, wenn eine besondere Gefährlichkeit und eine psychische Störung festgestellt werden. Justiz-Staatssekretär Wolfgang Schild betonte im Interview gegenüber der SZ, dass das Gericht mit Blick auf den Schutz der Bevölkerung keine automatische Freilassung erzwungen habe. Derzeit sind bundesweit rund 500 Straftäter in Sicherungsverwahrung, weil sie auch nach Verbüßung der Strafe als gefährlich gelten.

Grüne und Linke bezeichneten das Urteil als "Ohrfeige" für die Regierung. Dagegen sagte Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP, Foto: dapd), die Weichenstellung der jüngsten Reform der Bundesregierung habe das Gericht nicht infrage gestellt. , Interview, Seite A 4: Analyse dpa/red

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