Ist Griechenlands Steuer-Wölfin zu zahm?

Athen · Katerina Savvaidou soll griechischen Unternehmen Beine machen, damit sie Steuern zahlen. Doch ausgerechnet sie arbeitete bei einer Firma, die beim Umgehen von Abgaben hilft.

Katerina Savvaidou (41) sei "eine ruhige Kraft", attestieren ihr enge Mitarbeiter. Sie hat keine Facebook-Seite, dafür ein Profil auf Linkedin. Seit Juni prangt dort die holprige Bezeichnung ihrer neuen Arbeitsstelle: "Generalsekretärin des Generalsekretariats für Staatseinnahmen im Finanzministerium (GGDE)". Simpler formuliert: Savvaidou ist Griechenlands oberster Steuereintreiber. Der Posten war erst Anfang 2013 von der Athener Regierung geschaffen worden - nach beharrlichem Druck von Griechenlands öffentlicher Gläubiger-Troika aus EU, EZB und Internationalem Währungsfonds. Die Griechen, die sich Anfang 2010 an den Rand eines Staatsbankrotts manövriert hatten und Hilfskredite von 240 Milliarden Euro kassiert haben, sollten effizienter Steuern eintreiben.

Savvaidous Vorgänger Harry Theocharis (43) trat offiziell "aus persönlichen Gründen" zurück. Niemand glaubte ihm. Denn Theocharis hatte seine Arbeit erstaunlich konsequent verrichtet. Er sorgte dafür, dass hunderte Griechen wegen Steuerschulden hinter Gitter landeten. Nun also Savvaidou. Die promovierte Top-Juristin, eine ausgewiesene Expertin für Steuerrecht, bläute ihren Mitarbeitern ihr Credo sofort ein: "Es darf niemandem erlaubt sein, Steuern zu hinterziehen. Das schafft man nur, wenn man alle Fenster der Steuervermeidung schließt." Nur: Diese Fenster sind hierzulande sperrangelweit offen. Dies belegen die zuletzt publik gemachten "Luxemburg-Leaks". Eine zentrale Rolle für die Erarbeitung komplexer Steuersparmodelle spielt auch in der Causa Hellas die private Prüfungsgesellschaft Pricewaterhouse Coopers (PwC). Und ausgerechnet Griechenlands oberste Steuereintreiberin fungierte dort bis Juni 2014 als Führungskraft. Sie stand hundert Rechtsanwälten und Steuerberatern vor. Laut Lux-Leaks-Dokumenten fallen zumindest zwei von PwC eingefädelte Steuervereinbarungen mit den Luxemburger Behörden vom Februar und März 2010 in die Zeit, als Savvaidou hierzulande oberste PwC-Steuerexpertin war.

Doch damit nicht genug: Finanzminister Gikas Hardouvelis, der Savvaidou ins Amt gehievt hat, fungierte bis Mitte 2014 als Top-Banker der Eurobank - einem PwC-Kunden, der offenbar seit Jahren die Steuervorteile in Luxemburg nutzt.

Kritiker monieren, in ihrer neuen Funktion würde die "Wölfin Savvaidou" nun die "Wölfe der multinationalen Unternehmen" hüten - das sei ein Unding. Indessen brechen die Steuereinnahmen im Euro-Sorgenland erneut ein. In den ersten elf Monaten des Jahres 2014 fielen sie um 678 Millionen Euro hinter die Zielvorgaben zurück.

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