Mit scharfen Angriffen gegen die geplante große Koalition hat der neue FDP-Chef Christian Lindner seine Partei auf einen offensiven Kurs in der außerparlamentarischen Opposition eingestimmt. "Die große Koalition nutzt ihre übergroße Mehrheit, um die Senkung der Rentenbeiträge zu verhindern", kritisierte Lindner gestern in seiner Antrittsrede. Diese Beiträge würden aber nicht von Reichen, sondern von Millionen Facharbeitern gezahlt. "Ich nenne das eine Enteignung - so macht man aus Bürgern kleine Leute."

Zugleich warf Lindner Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) Wortbruch in der Steuerpolitik vor. Die mehrfach in Aussicht gestellte Dämpfung der sogenannten kalten Progression habe nicht einmal "den Weg in den Koalitionsvertrag gefunden". Das sei die erste "heimliche Steuererhöhung durch die große Koalition, nämlich durch Unterlassung". Der Effekt der kalten Progression führt dazu, dass Arbeitnehmer trotz Lohnerhöhungen wegen dann steigender Steuerlast netto weniger in der Tasche haben.

Doch nicht nur die politische Konkurrenz hadert mit Schwarz-Rot. Wenige Tage vor Ablauf des SPD-Mitgliedervotums macht die Partei-Jugend Front gegen eine große Koalition. Der Juso-Bundeskongress lehnte am Wochenende den mit der Union ausgehandelten Vertrag mit breiter Mehrheit ab. Auch führende Vertreter des CDU-Wirtschaftsflügels signalisierten ihre Ablehnung. Sie kritisieren vor allem die Koalitionsabsprachen zu Rente, Mindestlohn, Energiewende und Steuerpolitik. So seien die Rentenversprechen ein "Verbrechen an der nächsten Generation".

SPD-Chef Sigmar Gabriel warb derweil gestern in Saarbrücken eindringlich für den Koalitionsvertrag. Er warnte davor, ihn "aus Bockigkeit" abzulehnen. > , A 3: Berichte, A 6: Meinung