Dunkle Wolken über dem "Klima-Papst"

Washington. Was sich tatsächlich zu nächtlicher Stunde in einer Suite des Hotels "Lucia" in Portland (US-Bundesstaat Oregon) nach einem Rede-Auftritt am 24. Oktober 2006 abspielte, wissen nur die beiden Beteiligten: Ex-Vizepräsident Al Gore und die Masseuse Molly Hagerty

Washington. Was sich tatsächlich zu nächtlicher Stunde in einer Suite des Hotels "Lucia" in Portland (US-Bundesstaat Oregon) nach einem Rede-Auftritt am 24. Oktober 2006 abspielte, wissen nur die beiden Beteiligten: Ex-Vizepräsident Al Gore und die Masseuse Molly Hagerty. Doch es gibt zwei Versionen zu dem Ablauf des Treffens, für das angeblich ein ungewöhnlich hoher Preis von 540 Dollar (rund 400 Euro) vereinbart worden war. Der prominente Politiker habe sie, sichtlich angetrunken, "wie ein verrückter Sex-Pudel" attackiert und unter anderem zu intimen Berührungen genötigt. Der Friedensnobelpreisträger und Oscar-Gewinner will hingegen von alledem nichts wissen - und ließ erklären: Er dementiere "nachdrücklich und unmissverständlich" eine Belästigung während der Therapie. Und: Die weiteren Ermittlungen würden ihm nur nutzen. Doch an dieser optimistischen Einschätzung darf gezweifelt werden. Denn seit die Polizei von Portland offiziell wieder an der im letzten Jahr noch zugeklappten 73-Seiten-Akte arbeitet, droht dem Image des "Klima-Papstes" schwerer Schaden. Hatten zuletzt noch führende US-Medien wie die "New York Times" oder CNN gezögert, sich nach erstmaligen Enthüllungen des Boulevardmagazins "National Enquirer" des pikanten Themas anzunehmen, so ist diese Schranke gestern gefallen. Erstmals machten CNN und die konservative Konkurrenz Fox News den angeblichen Gore-Skandal zu einem der morgendlichen Spitzen-Themen. Und Amerika steht nun ein unterhaltsamer Schmuddel-Skandal mit einer Hauptfigur bevor, die im Jahr 2000 das Rennen um die Präsidentschaft gegen George W. Bush nur knapp verlor und bisher als Prototyp des politischen Sauber- und Biedermanns galt. Die damals von dem unter dem Tarnnamen "Mr. Stone" eingecheckten Gore ins Hotel georderte Masseuse hatte erstmals 2006 die Vorwürfe zu Protokoll gegeben, doch ein Jahr später ihre Anzeige zurückgezogen. Im Januar 2009 erschien sie erneut auf dem Revier und beharrte auf einem ungesetzlichen Vorgehen des Kunden. Zunächst habe dieser sie aufgefordert, in der Intimregion zu massieren, und sie dann - nach ihrer Ablehnung - begleitet von heftigem Kichern aufs Bett geworfen, begrabscht und geküsst. Eine Flucht aus dem Zimmer, so das Polizeiprotokoll, habe sie nicht gewagt, weil sie fürchtete, von Sicherheitsbeamten Gores attackiert oder gar erschossen zu werden. Und auch auf die nicht unwichtige Frage, warum sie 2007 zunächst von einer Strafverfolgung des heute 62-Jährigen Abstand nehmen wollte, hat die 52-jährige Molly Hagerty eine Antwort: Liberale Freunde hätten sie zu Nachsicht gegenüber dem prominenten Klimaschützer gedrängt, weil sonst die Erde durch globale Erwärmung zerstört werden würde. Al Gore, der Anfang Juni überraschend und ohne Angabe von Gründen nach 40 Jahren Ehe die Trennung von seiner Frau Tipper bekannt gegeben hatte, dürften solche kuriosen Einschätzungen nicht begeistern. Denn wie schon bei der Lewinsky-Affäre von Bill Clinton, seinem Weggefährten im Weißen Haus, scheint es Beweismittel zu geben, die Gore belasten könnten. Hatte die Praktikantin Monica Lewinsky damals ein blaues Kleid aufbewahrt, das mit DNA-Spuren Clintons Zeugnis vom Fehltritt des später reumütigen Präsidenten ablegte, so scheute offenbar auch die Masseuse den Weg in die Reinigung. Der "National Enquirer" zeigt auf seiner Titelseite jetzt das angebliche Opfer mit ihrer Arbeitskleidung von damals - und verweist darauf, dass Molly Hagerty zudem noch über einen Videobeweis verfüge. Stimmen diese Behauptungen, dürfte es Al Gore in den nächsten Wochen ungewöhnlich heiß werden.

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