Brillanter Redner und Rhetoriker

Berlin. "Ich komme von weit her", sagt Joachim Gauck mit Blick auf seine Geburt in der Zeit von Krieg und Diktatur. Daher sei ihm die große Bedeutung der Freiheit sehr bewusst. Freiheit sei viel kostbarer, als viele denken, betonte er am Freitag vor Journalisten in Berlin

Berlin. "Ich komme von weit her", sagt Joachim Gauck mit Blick auf seine Geburt in der Zeit von Krieg und Diktatur. Daher sei ihm die große Bedeutung der Freiheit sehr bewusst. Freiheit sei viel kostbarer, als viele denken, betonte er am Freitag vor Journalisten in Berlin. Ohne die Bürger- und Demokratiebewegung sowie die Freiheitsrevolution in der ehemaligen DDR gäbe es dieses Deutschland nicht. Der 70-jährige evangelische Theologe wurde von SPD und Grünen für das Amt des Bundespräsidenten vorgeschlagen. Zehn Jahre lang hat Joachim Gauck als "Herr über die Stasi-Akten" das Erbe der SED-Diktatur aufgearbeitet. Die Biografie Gaucks hatte sich so zunächst nicht abgezeichnet: Geboren und aufgewachsen in Rostock, studiert der Sohn eines Kapitäns Evangelische Theologie. Mehrere Jahre lang ist er als Pastor tätig, von 1982 bis 1990 leitet er die Kirchentagsarbeit in Mecklenburg. Einer oppositionellen Gruppe habe er nie angehört und sei auch nie "Fundamental-Oppositioneller" gewesen. Aber auch mit dem Kommunismus habe er nie sympathisiert, sagt Gauck. Als er elf Jahre alt ist, wird sein Vater vom sowjetischen Geheimdienst verhaftet und für vier Jahre in ein Arbeitslager nach Sibirien verschleppt. Das Erlebnis prägt seine Haltung zur DDR. Später ist es sein Beruf als Pastor, der ihn in Distanz zur staatlichen Doktrin leben lässt. Es ist ein schmaler Pfad, auf dem er sich bewegt. Einer, der mitreißen kannGauck ist ein brillanter Redner und Rhetoriker. Einer, der sich nicht scheut, vor großen Menschenmengen zu stehen, und der mitreißen kann. Ein Talent, das ihn schnell zu einer Schlüsselfigur der friedlichen Revolution in seiner mecklenburgischen Heimat macht. In Rostock, das DDR-weit zu den Schlusslichtern der Revolution zählt, wird er im Herbst 1989 zu einem der Köpfe des kirchlichen und öffentlichen Protests. In den Jahren 1989 und 1990 legt der Vater von vier Kindern eine rasante Politkarriere an den Tag: Er wird Sprecher des Neuen Forums und kandidiert im März 1990 für "Bündnis 90" bei der ersten und zugleich letzten freien DDR-Volkskammerwahl. Als Abgeordneter leitet er den Parlamentsausschuss zur Kontrolle der Auflösung des Stasi-Ministeriums. Gegen Ende der DDR wird er zum "Sonderbeauftragten" für die Stasi-Unterlagen berufen und bleibt in diesem Amt auch nach der Wiedervereinigung am 3. Oktober 1990. Bald schon steht sein Name sinnbildlich für die Einrichtung, für die er arbeitet. Als Leiter der Gauck-Behörde wird er von vielen geliebt, von seinen Gegnern gehasst. Gauck ist umstritten. Für die einen ist er der "Aufklärer" der Stasi-Vergangenheit. Andere kritisieren ihn als "politischen Missionar", nennen ihn "Bruder Unerbittlich". Neben der politischen Wende beginnt für ihn im Herbst 1989 auch eine persönliche Wendezeit: Er trennt sich von seiner Frau, zieht nach Berlin. Bis zum Tag seiner Nominierung als Bundespräsident war er vor allem als Redner und Vortragsreisender in Deutschland unterwegs.

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