Alte Liebe rostet nicht2009 wird Jahr der Superlative: Wahlen und Gedenktage häufen sich

Berlin. Das kommende Jahr wird mit seinen 14 Abstimmungen im Bund oder in einzelnen Ländern nicht nur ein "Superwahljahr". Gleichzeitig ist es auch ein "Supergedenkjahr": Die Geburt der Bundesrepublik jährt sich im Mai zum 60. Mal. Einen Monat zuvor wird die Gründung der Nato gefeiert

Berlin. Das kommende Jahr wird mit seinen 14 Abstimmungen im Bund oder in einzelnen Ländern nicht nur ein "Superwahljahr". Gleichzeitig ist es auch ein "Supergedenkjahr": Die Geburt der Bundesrepublik jährt sich im Mai zum 60. Mal. Einen Monat zuvor wird die Gründung der Nato gefeiert. Im November wird Deutschland - die Festivitäten dürften dann ihren Höhepunkt erreichen - den 20. Jahrestag der friedlichen Revolution in der DDR und des Mauerfalls begehen.

Die Parteien zerbrechen sich schon lange den Kopf, wie sie das Gedenk- und Wahljahr miteinander verbinden können. Der CDU-Vorstand verabschiedete gestern schon mal ein Positionspapier zur Lage im Osten, um den Wählern zum Thema "Überwindung der deutschen Teilung" etwas bieten zu können. Zum weiteren Aufbau Ost steht einiges drin. Die Christdemokraten blicken aber auch zurück und sagen, wie die DDR aus CDU-Sicht wirklich war.

Das Fazit fällt erwartungsgemäß vernichtend aus: Zur Bilanz von 40 Jahren DDR-Diktatur gehörten auch "die Verletzung der Menschenrechte und die Frage nach den Opfern des massiven Missbrauchs politischer Macht", heißt es gleich auf Seite Eins des Dokuments. Die Arbeitsgruppe unter Leitung von Thüringens Landtagspräsidentin Dagmar Schipanski erinnert an die 950 Toten an der Mauer und der innerdeutschen Grenze, die 250000 politischen Gefangenen und die etwa 250000 Spitzel, die für das Ministerium für Staatssicherheit Verrat begangen haben.

Die CDU fordert die Errichtung von Mahnmalen, Museen und Lehrstühlen. Dafür spricht, dass die Kenntnisse über die DDR tatsächlich schwach ausgeprägt sind. Erst im Sommer sorgte eine Berliner Studie für Aufsehen. Schüler bezeichneten darin den ehemaligen Bundeskanzler Willy Brandt als berühmten DDR-Politiker. Die meisten glaubten auch, die Bundesrepublik oder die Alliierten hätten 1961 die Mauer errichtet.

Der CDU geht es aber erkennbar nicht nur um Volksaufklärung. Der SPD - der Wahlkampf lässt grüßen - wird ins Stammbuch geschrieben, sie hätte mit der SED paktiert. Auch mit der Linkspartei wird abgerechnet. Deren Slogan "Freiheit durch Sozialismus" sei zynisch, urteilt die CDU. "Diese Parole leugnet das Leid, die Unterdrückung, die Verfolgung und den wirtschaftlichen Misserfolg, den der Sozialismus für viele Menschen in der früheren DDR mit sich brachte." Eine Neuauflage der "Rote-Socken-Kampagne" plant die CDU-Spitze indes nicht.

Ein wenig wollen sich die Strategen in der CDU-Zentrale die Linken aber doch vornehmen, schon weil das ein Teil der eigenen Anhängerschaft erwartet. Zu viel soll es aber auch nicht sein. Der Hauptgegner der Christdemokraten sei nun einmal die SPD, heißt es. Die Arbeit der Abgrenzung zur Truppe von Links-Parteichef Oskar Lafontaine will die CDU auch nur zu gern der SPD überlassen. dpa

Berlin. Im März klang das noch etwas anders. Da deutete FDP-Chef Guido Westerwelle in einem Interview an, eine Ampelkoalition mit SPD und Grünen nicht mehr grundsätzlich ausschließen zu wollen. Ein Kursschwenk war das damals wegen des innerparteilichen Drucks nach der Hessen-Wahl. Zugleich hatte sich jede Menge Frust über Angela Merkels Union aufgestaut: Sie habe sich vom schwarz-gelben Projekt längst verabschiedet, beschwerte sich Westerwelle wann immer möglich. Jetzt will der Parteichef von einer Ampel nichts mehr wissen, obwohl die FDP in diesen Tagen eine heiß umworbene Braut ist.

Am Wochenende herzte das SPD-Duo Steinmeier und Müntefering die Liberalen innig, um endlich die leidige Debatte über eine Zusammenarbeit mit der Linken loszuwerden. Und auch Kanzlerin Angela Merkel spricht wieder laut und deutlich von ihrem Wunschbündnis mit der FDP nach der nächsten Bundestagswahl. Das überrascht allerdings noch weniger: Der Verdruss über die große Koalition in Unionskreisen ist groß. Schwarz-Gelb ist gerade für den notorisch unzufriedenen Wirtschaftsflügel die einzig sinnvolle Option angesichts vieler inhaltlicher Schnittstellen. Und mit einem kleinen Partner ist das Regieren ohnehin einfacher.

Alte Liebe rostet nicht, wird sich nun auch Westerwelle gesagt haben: "Frau Merkel und ich wären mutmaßlich ein schönes Paar." Dabei war das Verhältnis zwischen ihm und ihr in den letzten Jahren frostig. Sie nahm ihm die scharfen Attacken im Bundestag übel, er fühlte sich von der Kanzlerin ignoriert. Im bayerischen Wahlkampf erlebt Westerwelle jedoch momentan einen Zuspruch wie nie, "das ist der beste seit der Deutschen Einheit", wundert sich der FDP-Chef selbst ein bisschen. Das hat in ihm wohl die Überzeugung weiter reifen lassen, dass trotz aller Debatten über mögliche Dreier-Bündnisse wie Ampel oder Jamaika (Union/FDP/Grüne) nach der nächsten Bundestagswahl eine große Chance für Schwarz-Gelb besteht. "Ich werbe für klare, bürgerliche Verhältnisse", inszeniert sich der Oberliberale nun als standfeste Kraft "in diesen schweren Zeiten", da Bankenkrise, Inflation und Rezession drohen. Deutschland brauche eine stabile Mehrheit und eine Regierung, die etwas von "Wirtschaft versteht".

Eifrig dementierte Westerwelle gestern einen Bericht, wonach er und Merkel sich bereits verabredet hätten, dass es 2009 weder eine Ampelkoalition noch die Neuauflage der großen Koalition geben werde. "Es gibt keine solche Geheimabsprache." In der FDP hätte der Vorsitzende mit einer solchen Vereinbarung vermutlich auch einen schweren Stand. Zwar zieht eine Mehrheit der Liberalen ein Zweierbündnis mit der Union jeder anderen Koalition vor, aber die Partei hat aus den Ereignissen in Hessen gelernt: Dort setzte die FDP ganz auf die CDU, obwohl Roland Koch die Avancen noch nicht einmal erwiderte - und am Ende ging man leer aus. Im Bund steht eine ganze Reihe karrierebewusster Liberaler der mittleren Generation in der Wartestellung. Westerwelle selber weiß somit nur zu gut, dass er die FDP im kommenden Jahr in die Regierung führen muss, um nicht selber in die Schusslinie zu geraten. Und so ist es eher fraglich, ob die FDP tatsächlich nächstes Jahr eine klare Koalitionsaussage treffen wird. Viele Vorstandsmitglieder sind gegen eine voreilige Festlegung. "Es gibt keine Geheim-

absprache."

FDP-Chef

Guido Westerwelle zu Gerüchten über einen Koalitionspoker

mit CDU und SPD

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