Acta wird zu den Akten gelegt

Brüssel. Das Anti-Piraterie-Abkommen Acta kommt zu den Akten. Im EU-Parlament erscheint eine Zustimmung immer unwahrscheinlicher. In dieser Woche will der Chef der sozialdemokratischen Fraktion, Hannes Swoboda, das Nein festklopfen. Die Analysen hätten gezeigt, dass der Vertrag "grundsätzlich in die falsche Richtung geht", sagte er

Brüssel. Das Anti-Piraterie-Abkommen Acta kommt zu den Akten. Im EU-Parlament erscheint eine Zustimmung immer unwahrscheinlicher. In dieser Woche will der Chef der sozialdemokratischen Fraktion, Hannes Swoboda, das Nein festklopfen. Die Analysen hätten gezeigt, dass der Vertrag "grundsätzlich in die falsche Richtung geht", sagte er. "Die Freiheit des Internets darf nicht weiter beschränkt werden." "Wir können den Vertrag nicht abändern, also ist die einzige verantwortliche Antwort, die wir den Bürgerinnen und Bürgern geben, ihn abzulehnen", sagte SPD-Europa-Politiker Bernd Lange.Eine konservativ-liberale Mehrheit pro Acta ist auch nicht in Sicht. Die Befürworter in den Reihen der Unionsabgeordneten werden täglich weniger. Und die liberale Führungsriege verteilt schon seit Wochen Positionspapiere gegen das Abkommen. "Man kann sagen: Acta ist tot", betonte gestern ein führendes Mitglied des EU-Parlamentes gegenüber der Saarbrücker Zeitung.

Die Entwicklung ist überraschend, weil die EU-Kommission zunächst alles versucht hatte, um eine frühe Abstimmung der europäischen Volksvertretung zu verhindern. Auf dem Höhepunkt der Proteste und kurz nach der Aussetzung des Beratungen in Deutschland rief das Barroso-Team den Europäischen Gerichtshof (EuGH) an, um feststellen zu lassen, ob Acta einen Eingriff in die Charta der Grundrechte darstelle. Das Urteil steht noch aus. Das Parlament wird wohl im Juni entscheiden.

Das Ende des Acta-Vertrages wäre eine schwere Niederlage für die Kommission, die das Abkommen - teilweise unter Ausschluss des Parlamentes - mit anderen Industrienationen wie den USA und Japan ausgehandelt hatte. Nicht nur dieses Verfahren war dabei auf scharfen Widerspruch gestoßen. Gegner halten der europäischen Verwaltung auch vor, keine Folgeabschätzung der aktuellen Vertragsinhalte vorgenommen, sondern stattdessen ein überholtes Papier zum Richtlinienentwurf über die Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums recycelt zu haben. "Wenn wir Acta ablehnen, sollten wir der EU-Kommission genau sagen, warum, und ihr auch Alternativvorschläge machen", erklärte der CDU-Europa-Abgeordnete Daniel Caspary.

Sein SPD-Kollege Lange plädierte bereits für eine Trennung von Regelungen gegen Produktpiraterie und Modernisierung der Urheberrechte im digitalen Bereich. Die Kritiker werfen dem Abkommen vor, dass es zu einer Unterordnung der Meinungsfreiheit unter den Urheberrechtsschutz führe. Außerdem würden weite Bereiche des Internets kriminalisiert, weil zum Beispiel der Videoclip von einer Party, bei der im Hintergrund ein geschützter Song läuft, künftig nicht mehr gezeigt werden dürfte.

Hintergrund

Das Anti-Counterfeiting Trade Agreement (Acta) ist ein internationaler Handelspakt mit dem Ziel, Urheberrechte auch international durchzusetzen. Das Abkommen gegen Produkt-Piraterie ergänzt das TRIPS-Abkommen von 1994 im Rahmen der Welthandelsorganisation (WTO).

Der Acta-Vertrag geht auf eine Initiative der USA und Japans zurück. Kritiker sehen darin eine Einschränkung von Freiheitsrechten im Internet. Viele Internet-Nutzer haben zum Beispiel die Sorge, dass sie nicht mehr so einfach Filme oder Musik herunterladen können, dass ihre Daten dabei an Dritte weitergegeben werden oder dass sie saftige Strafen zahlen müssen. dpa

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