Ringen um die Todesstrafe

Den Haag. Der Fall erinnert an die deutschen Brüder Walter und Karlheinz LaGrand. Die beiden Raubmörder wurden 1999 in den USA hingerichtet - obwohl bei ihrem Prozess, wie der Internationale Gerichtshof erst später urteilte, internationales Recht verletzt worden war

 "Todeszelle" in den USA. Foto: dpa

"Todeszelle" in den USA. Foto: dpa

Den Haag. Der Fall erinnert an die deutschen Brüder Walter und Karlheinz LaGrand. Die beiden Raubmörder wurden 1999 in den USA hingerichtet - obwohl bei ihrem Prozess, wie der Internationale Gerichtshof erst später urteilte, internationales Recht verletzt worden war. Über eine Einstweilige Anordnung des Gerichtshofes gegen die Exekution Walters - Karlheinz war bereits hingerichtet worden - setzte sich die Justiz im US-Bundesstaat Arizona seinerzeit hinweg.

Ein ähnliches Schicksal droht jetzt dem Mexikaner Jos&; Ernesto Medellin in Texas. Ihm soll am 5. August die Giftspritze verabreicht werden, weil er zwei Mädchen ermordet hat. Doch auch in seinem Prozess wurde internationales Recht nicht beachtet - und Washington gibt das unumwunden zu. Wie den Brüdern LaGrand war auch Medellin die jedem ausländischen Häftling zustehende Betreuung durch das Konsulat seines Heimatlandes nicht gewährt worden. Schon vor vier Jahren hatte der Gerichtshof in Den Haag festgestellt, dass Mexiko seine Staatsbürger in US-Gefängnissen nicht betreuen konnte. Es ging um 51 Fälle, die schließlich mit rechtskräftigen Todesurteilen endeten. Damals verurteilte das UN-Gericht die USA dazu, alle diese Fälle zu überprüfen und die Urteile zu überdenken. Und tatsächlich: Das Weiße Haus sandte Juristen durchs Land, um alle Justizbehörden über den Haager Spruch aufzuklären. Doch als der Doppelmörder Medellin versuchte, eine Überprüfung seines Urteils im Sinne der Haager Entscheidung einzuklagen, blitzte er ab. Im März erst entschied das oberste Bundesgericht, internationales Recht gelte in den USA erst dann, wenn es durch Beschluss des Kongresses übernommen wird. Dabei erkannte es durchaus an, dass die Entscheidung des Gerichtshofes in Den Haag die USA dazu verpflichtet.

John Bellinger, Rechtsberater von US-Außenministerin Rice, hat in Den Haag deshalb versichert, es gebe gar keine Differenz mit Mexiko. Beredt schilderte er, dass Washington alles unternehme, um das Urteil umzusetzen und eine Überprüfung der Verfahren zu erreichen. Rice persönlich habe in Texas interveniert. Aber leider - die Unabhängigkeit der Justiz und die Selbstständigkeit der Bundesstaaten! Und der Kongress habe keine Zeit, das US-Recht anzupassen. Die Vertreter Mexikos wollten sich damit nicht abspeisen lassen. Fakt sei, dass kaum eines der 51 beanstandeten Todesurteile überprüft wurde. Das Gericht will nun "mit größtmöglicher Eile" entscheiden, welche Seite Recht hat. Vor dem 5. August aber, an dem Jos&; Medellins letzte Stunde schlagen soll, wird das nicht sein.

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