„Merkel wird von vielen auch als Teil des Problems gesehen“

Nach der Serie von Gewalttaten ist die Debatte um die innere Sicherheit voll entbrannt. Wer profitiert politisch davon? SZ-Korrespondent Werner Kolhoff sprach mit dem Politologen Karl-Rudolf Korte.

Angela Merkels Stärke beruhte bisher darauf, dass sie die Deutschen sehr sicher durch die Fährnisse dieser Welt geführt hat. Gilt das noch?

Korte: Dieser Nimbus ist schon seit dem letzten Sommer erodiert. Angela Merkel war vorher Orientierungsautorität und Krisenlotsin, aber jetzt wird sie von vielen Deutschen auch als Teil des Problems gesehen. Man gibt ihr die Mitschuld daran, dass traditionelle Staatsaufgaben wie die Sicherung von Außengrenzen nicht mehr gelten.

Die CSU prescht mit einer ganzen Reihe von Vorschlägen zur inneren Sicherheit vor. Würden Sie der CDU raten, darauf einzugehen?

Korte: Beide Parteien müssen jetzt viel sachlicher über Lösun gen diskutieren, unabhängig von ideologischen oder gar persönlichen Auseinandersetzungen. Der bisherige Reiz-Reaktionsmechanismus zwischen beiden Parteien - die einen schlagen etwas vor, die anderen lehnen es ab - muss hier jedenfalls durchbrochen werden. Das erwarten die Wähler.

Ist die CDU dabei in der Defensive, weil viele sagen: Ihr habt uns die Flüchtlinge ins Land geholt?

Korte: Ja, aber die bürgerliche Mitte ist insgesamt in der Defensive, auch der Koalitionspartner SPD . Spätestens seit der berühmten Silvesternacht von Köln.

Wird die AfD davon profitieren?

Korte: N ein, denn jeder weiß, dass die Regierungspolitik nicht unmittelbar verantwortlich ist für die Ereignisse, die seitens der Täter auch sehr individuelle Hintergründe haben. Ich sehe es eher gegenteilig. Etablierte Parteien profitieren über das Kompetenzfeld innere Sicherhei t.

Welche Rolle kommt den linken Parteien in dieser Situation zu?

Korte: Sie können sich profilieren, wenn sie für Demokratiestandards werben, die jetzt nicht verloren gehen dürfen. Dazu gehört auch die Solidarität mit den Fremden und Flüchtlingen. Mit weniger Ungleichheit und mehr Bildung lässt sich unser Gesellschaftsmodell verteidigen. Auf diesen Feldern muss die Opposition strategisch punkten.

Das komplette Interview steht im Netz unter www.saarbruecker-zeitung.de/berliner-buero

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