Merkel will keine Zäune an der Grenze

Die Flüchtlingswelle reißt nicht ab - und in der Union wächst der Widerstand gegen die Asyl-Politik von Angela Merkel offenbar weiter. "Wir müssen den Flüchtlingsstrom stoppen. Auch die Prüfung einer Grenzbefestigung darf kein Tabu sein", sagte der Chef des Parlamentskreises Mittelstand der Unionsfraktion, Christian von Stetten, in einem Pressebeitrag.

Die Kanzlerin widersprach erneut.

Ein Zaun an Deutschlands Grenzen? Womöglich wird darüber in der Union mittlerweile ernsthaft debattiert. "Es ist richtig, dass es Überlegungen gibt, wie wir den nicht enden wollenden Flüchtlingsstrom eindämmen können", erklärte von Stetten gestern schriftlich auf Nachfrage unserer Zeitung. Sollten die gerade beschlossenen Maßnahmen nicht zum Erfolg führen, müssten weitere beschlossen werden, über die man jetzt schon "intern" diskutiere, so der CDU-Politiker. Der Bundestag und die Länderkammer hatten in der vergangenen Woche ein Gesetzespaket beschlossen, das auf schnellere Asylverfahren zielt, Leistungen für bestimmte Flüchtlinge beschneidet sowie weitere Balkanländer zu sicheren Herkunftsstaaten erklärt. Am Wochenende hatte der CSU-Politiker Hans-Peter Uhl einen Antrag der Innenpolitiker für die nächste Sitzung der Unionsfraktion in zwei Wochen angekündigt, der härtere Maßnahmen gegen offensichtlich unbegründete Einreisen nach Deutschland enthalten soll. Gestern erklärte Uhl dazu in einem Interview: "Wenn ein Flüchtling bewusst seinen Pass wegwirft, dann ist das ein Fall der Zurückweisung. Wenn ein Flüchtling, der gar keiner ist, weil er aus einem sicheren Drittstaat kommt, nach Deutschland rein will, dann ist der auch zurückzuweisen." Eine Errichtung von Grenzzäunen bezeichnete Uhl indes als "dummes Zeug".

Unter den Unions-Rebellen mangelt es offenkundig an der Abstimmung für entsprechende Vorstöße. Der CDU-Innenpolitiker Wolfgang Bosbach und ehemalige Vorsitzende des Bundestagsinnenausschusses sagte gestern unserer Zeitung, dass ihm von einem geplanten Antrag für die nächste Fraktionssitzung nichts bekannt sei. Allerdings mahnte auch er kurzfristige Maßnahmen an, um der Lage an den Grenzen Herr zu werden. "Ein kleiner Beitrag zur Lösung der aktuellen Probleme wären Transitzonen oder Landgrenzenverfahren, bei denen im Hinterland über Asylanträge entschieden werden würde". So müssten rechtliche Voraussetzungen geschaffen werden, um zumindest über offensichtlich unbegründete Asylanträge rasch entscheiden zu können, meinte Bosbach. Die betroffenen Flüchtlinge würden dann erst gar nicht auf die einzelnen Bundesländer verteilt, sondern sofort zurückgeführt. "An einer Einzelfallprüfung wird man aber nicht vorbeikommen", sagte Bosbach auch im Hinblick auf Flüchtlinge , die ohne Pass nach Deutschland kommen.

Nach Angaben des CDU-Politikers hat Deutschland allein in den letzten sechs Wochen doppelt so viele Menschen aufgenommen wie im gesamten vergangenen Jahr. Täglich kämen bis zu 7000 Flüchtlinge ins Land. Das könne so nicht weiter gehen, sagte er.

Bosbach und Uhl zählten zu den Abgeordneten, die schon bei der Sitzung der Unionsfraktionen vor einer Woche heftigen Widerspruch gegen die Flüchtlingspolitik der Bundeskanzlerin angemeldet hatten. Bei der Vorstandssitzung des Parlamentskreises Mittelstand am Tag darauf war die Stimmung nach Angaben von Teilnehmern noch kritischer gewesen.

Derweil erteilte Merkel gestern Grenzbefestigungen eine klare Absage. Diese hatte auch die Deutsche Polizeigewerkschaft am Wochenende gefordert. Sonst drohten innere Unruhen. Auch Zäune würden nicht helfen, verzweifelte Menschen komplett abzuhalten, ließ Merkel ihren Regierungssprecher erklären.

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