Als Spanien der Atomkatastrophe knapp entging

Madrid · Fast 50 Jahre sind vergangen, seit ein US-Kampfflugzeug über Spanien seine Atombomben verlor. Noch immer sind Böden an der Unglücksstelle radioaktiv verseucht. Nun wollen USA und Spanien den Schaden beheben.

Am 17. Januar 1966 entkam Spanien nur haarscharf einer nuklearen Katastrophe. Es geschah während des Kalten Krieges, in dem die Amerikaner zur Abschreckung ständig einige B-52-Bomber über Europa kreisen ließen. Dabei kam es zu einem Zusammenstoß, als sich ein Tankflugzeug und eine B-52 zu nahe kamen: Beide Maschinen stürzten ab. Von den vier Atombomben der B-52 wurden zwei beim Aufprall auf einen Acker in der Nähe des südspanischen Küstendorfes Palomares beschädigt. Sie explodierten nicht, setzten aber Radioaktivität frei. Eine dritte blieb intakt, die vierte fiel ins Meer. Nach langen Jahren der Geheimniskrämerei vereinbarten die USA und Spanien gestern, das immer noch radioaktiv verseuchte Gebiet zu säubern.

Einige ältere der 1800 Bewohner von Palomares können sich noch an den schwärzesten Tag ihres Nestes, das in der andalusischen Provinz Almería liegt, erinnern: "Erst brannte es. Dann gab es eine Invasion amerikanischer Soldaten. Wir mussten alle aus den Häusern raus." Als die Soldaten in Schutzanzüge kletterten und mit Messgeräten herumrannten, ahnten die Bewohner, dass dies kein normaler Flugzeugabsturz war. Wochenlang suchte die Marine nach der vierten Bombe, die irgendwo vor der Küste von Palomares auf dem Meeresboden lag. Mithilfe des Garnelenfischers Paco Simó Orts, der den Absturz vom Meer aus beobachtet hatte, gelang es knapp drei Monate später, den Sprengsatz in 750 Meter Tiefe zu lokalisieren.

Die Bevölkerung in der Region, die von der Landwirtschaft und dem Tourismus lebt, fürchtete, dass Radioaktivität an Land wie im Meer ausgetreten sein könnte. Die spanische Regierung, die damals vom Rechtsdiktator Francisco Franco geführt wurde, schwieg und schickte zur Beruhigung Tourismusminister Manuel Fraga nach Palomares. Dort stieg Fraga zusammen mit dem damaligen US-Botschafter Angie Biddle Duke demonstrativ in die Fluten, um zu beweisen, dass es beim Baden angeblich keine Gesundheitsgefahren gab. Inzwischen weiß man, dass es damals im Wasser erhöhte Strahlung gab.

Die Kontamination an Land ließ sich nicht so einfach verbergen: US-Kommandos begannen gleich nach dem Unfall, den Boden an der Unglücksstelle abzubaggern. Rund 1,6 Millionen Tonnen Erdreich wurden damals entfernt. Erst Jahrzehnte später wurde bekannt, dass dies nicht genug war und die Radioaktivität immer noch weit über den erlaubten Grenzwerten lag. Nun, rund 50 Jahre später, soll also wieder gebaggert werden, um im Boden gebliebenes Plutonium endgültig zu beseitigen. Das vereinbarte US-Außenminister John Kerry mit seinem spanischen Kollegen José Manuel García-Margallo.

Der Bürgermeister von Palomares, Antonio Fernández, hofft derweil, dass der nukleare Albtraum seines Ortes, der seinen Ruf als verseuchtes Dorf abschütteln möchte, bald beendet ist. "Die Bewohner sind das Thema leid. Sie wollen, dass endlich alles sauber gemacht und das Dorf dann in Ruhe gelassen wird."

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