Mehr Unabhängigkeit von Frankreich?

Paris. Die Einwohner der beidenfranzösischen Übersee-Départements Martinique und Guyana haben sich am Sonntag in einem Referendum gegen mehr Unabhängigkeit von Frankreich ausgesprochen. In dem nördlich von Brasilien gelegenen Guyana stimmten 69,8 Prozent der Wähler gegen eine größere Autonomie, auf Martinique sogar 79 Prozent

Paris. Die Einwohner der beidenfranzösischen Übersee-Départements Martinique und Guyana haben sich am Sonntag in einem Referendum gegen mehr Unabhängigkeit von Frankreich ausgesprochen. In dem nördlich von Brasilien gelegenen Guyana stimmten 69,8 Prozent der Wähler gegen eine größere Autonomie, auf Martinique sogar 79 Prozent. Allerdings lag die Wahlbeteiligung in beiden Départements, die seit dem 17. Jahrhundert zu Frankreich gehören, nur bei 48 Prozent. Der Ausgang der Volksabstimmung dürfte sich erheblich auf die Regionalwahlen im März auswirken, da sich hochrangige Lokalpolitiker seit Jahren für eine größere Unabhängigkeit einsetzen. Sie waren es auch, die Staatspräsident Nicolas Sarkozy nach den Unruhen im vergangenen Jahr gebeten hatten, ein Referendum zur Umwandlung der beiden Regionen von Départements in Überseegebiete nach dem Vorbild Polynesiens und der Karibikinsel St. Martin zu veranlassen. Teures LebenAnfang 2009 hatte ein von der Nachbarinsel Guadeloupe ausgehender Generalstreik das öffentliche Leben auf Martinique 38 Tage lang lahm gelegt. Die rund 300 000 Einwohner der Insel hatten damit gegen das teure Leben und die hohe Arbeitslosigkeit, die bei über 20 Prozent liegt, protestiert. Die Gegner der größeren Unabhängigkeit fürchteten jetzt jedoch, dass Frankreich ihnen weniger Geld geben könnte. Beide Départements sind wirtschaftlich stark abhängig vom Mutterland und erhalten beispielsweise großzügige Subventionen für die Landwirtschaft. Allerdings werden dafür fast alle Konsumartikel, selbst ein Großteil der Nahrungsmittel, aus Frankreich importiert. Vieles ist deshalb wesentlich teurer als in Frankreich. So waren die Preise für 45 Produkte des täglichen Bedarfs im Dezember auf Martinique 30 Prozent höher als auf dem französischen Festland. Martinique und Guadeloupe sollen nun am 24. Januar erneut abstimmen, ob die verschiedenen Staats- und Regionalräte zu einheitlichen Gebietskörperschaften zusammengelegt werden sollen. Auf Guadeloupe soll ebenfalls eine Volksabstimmung über mehr Unabhängigkeit von Frankreich stattfinden, allerdings erst nach den Regionalwahlen im März. In dem Übersee-Département kam es letzten Samstag erneut zu massiven Protesten gegen die hohen Lebenshaltungskosten. In der Hauptstadt Pointe-à-Pitre gingen zwischen 7500 und 25 000 Personen auf die Straße. Beobachter fürchten nun, dass es auf der Insel erneut zu einem Generalstreik kommen könnte.

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