Islamisten sind im Irak auf dem Vormarsch

Bagdad · Die Gruppierung „Islamischer Staat im Irak und der Levante“ zeichnet seit langem für blutige Attentate verantwortlich. Nun hat sie eine neue Etappe im Kampf für einen „Islamischen Staat“ im Westirak eingeläutet.

Die Eroberung der Großstadt Falludscha durch Al-Qaida verbundene Islamisten belegt das Wiedererstarken des Terrornetzwerks im Irak. Seit dem Abzug der US-Truppen Ende 2012 konnten die Islamisten ihren Einfluss ausbauen, die Einnahme von Falludscha ist der vorläufige Höhepunkt dieser Entwicklung. Die extremistische Gruppierung "Islamischer Staat im Irak und der Levante" (ISIL) hat Falludscha seit dem Wochenende vollständig unter Kontrolle.

Im Irak zeichnet die ISIL seit langem für blutige Attentate und Angriffe verantwortlich. Inzwischen ist sie auch eine der militärisch stärksten Kräfte im syrischen Bürgerkrieg. "Die ISIL hat ihre Bastionen im Irak genutzt, um in Syrien Fuß zu fassen. Und dann hat sie von ihrer Präsenz in Syrien profitiert, um sich im Irak zu verstärken", erklärt Daniel Byman vom Saban Zentrum für Nahostpolitik.

Mit der Eroberung von Falludscha und mehreren Stadtteilen von Ramadi, beide in der Provinz Anbar gelegen, hat die ISIL eine neue Etappe im Kampf für einen "Islamischen Staat" im Westirak eingeläutet. "Ihre Zielsetzungen reichen jedoch weit über den Irak hinaus. Aber das Bestreben, einen islamischen Staat in der gesamten Levante zu etablieren, kann nur über die vorherige Schaffung einer Reihe von Mini-Staaten verwirklicht werden, die sie kontrolliert", analysiert Charles Lister, Experte am Brookings Doha Center. Als Levante werden Küsten und Hinterland der Anrainerstaaten der östlichen Mittelmeerküste bezeichnet. "Da Anbar und auch Ninive irakische Provinzen mit direkter Verbindung nach Syrien sind, haben sie für ISIL eine entscheidende Bedeutung."

John Drake, Sicherheitsexperte bei der Risikomanagement-Firma AKE Group, hält die aktuelle Lage in Anbar "für vergleichbar mit den schlimmsten Zeiten der Aufstände nach 2003". Aber: "Die Gruppe muss sehr vorsichtig vorgehen, wenn sie nicht wieder den Zorn der Einheimischen provozieren will." Drake verweist auf die Brutalität der Dschihadisten, die vor gut sieben Jahren die westirakischen Stämme an die Seite der US-Truppen trieb.

Alles hänge nun von der Strategie ab, die die irakische Regierung gegenüber den Stämmen einschlage, sagt Michael Knights vom Washington Institut für Nahostpolitik. Übergehe sie weiter die sunnitischen Stämme und behandele sie autoritär, könne dies Al-Qaida beträchtlich verstärken.

Mit der ISIL greift der Syrien-Konflikt immer mehr auf andere Nachbarländer über: So bekannte sich der Al-Qaida-Ableger auch zu dem Anschlag in der libanesischen Hauptstadt Beirut, bei dem vergangenen Donnerstag vier Menschen getötet wurden.

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