Scholz’ neuer Entwurf Neues Soli-Konzept – nur noch die ganz Reichen sollen zahlen

Berlin · Finanzminister Scholz will jetzt sogar 96,5 statt 90 Prozent der Zahler von dem Zuschlag entlasten. Die FDP hält den Entwurf für verfassungswidrig.

 Hält am Soli fest: Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD).

Hält am Soli fest: Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD).

Foto: dpa/Wolfgang Kumm

Die von der großen Koalition versprochene Teilabschaffung des Solidaritätszuschlages rückt näher. Finanzminister Olaf Scholz (SPD) legte am Wochenende einen Gesetzentwurf vor, der größere Entlastungen als erwartet vorsieht. Den Kritikern geht er jedoch immer noch nicht weit genug. Auch drohen Verfassungsklagen.

Geeinigt hatten sich SPD und Union eigentlich nur darauf, 90 Prozent der Soli-Zahler ab 2021 von der Zahlung zu befreien, die zehn Prozent besonders gut Verdienenden jedoch nicht. Scholz ist da etwas großzügiger. Über die 90 Prozent hinaus soll es für weitere rund 6,5 Prozent der Soli-Zahler eine „Milderungszone“ geben, um abrupte Sprünge zu vermeiden, heißt es in dem Entwurf, der unserer Redaktion vorliegt. Nur 3,5 Prozent müssten weiter den vollen Satz abführen.

Das Konzept sieht vor, dass ledige sozialversicherungspflichtige Arbeitnehmer den Soli erst ab einem Bruttojahreslohn von 73 874 Euro abführen müssen; die Freigrenze der Einkommenssteuerlast, auf die er überhaupt zu zahlen ist, wird auf 33 912 Euro fast verdoppelt. Die Belastung soll langsam anwachsen. Erst bei 109 451 Euro Bruttolohn für Alleinstehende würde der volle Zuschlag auf die zu zahlende Einkommenssteuer fällig – derzeit 5,5 Prozent. Eine Familie mit zwei Kindern und einem Alleinverdiener wäre bis 151 990 Euro brutto ganz von der Abgabe befreit, dann käme die Übergangszone. Erst bei 221 375 Euro wäre der volle Soli fällig. Nach Berechnungen des Ifo-Instituts können Alleinverdiener-Ehepaare mit zwei Kindern bis zu 1800 Euro im Jahr einsparen. Insgesamt würden die Steuerzahler um rund zehn bis zwölf Milliarden Euro entlastet. Nur sieben bis acht Milliarden Euro des bisherigen Aufkommens blieben für den Bundeshaushalt.

In den Koalitionsverhandlungen hatte sich die SPD gegen eine vollständige Abschaffung gesträubt. Sie zeigte sich mit dem Entwurf trotz der Ausweitung zufrieden. Damit halte die Koalition Wort, sagte Fraktionsvize Achim Post. Jedoch sei die SPD weiterhin dagegen, „milliardenschwere Steuergeschenke zu verteilen“. Die Union hatte noch auf ihrem letzten Parteitag Ende 2018 die völlige Streichung verlangt. Einen echten Streitpunkt scheint sie daraus jetzt aber nicht machen zu wollen. CDU-Generalsekretär Paul Zemiak betonte lediglich, dass man „langfristig“ weiter an diesem Ziel festhalte. Jetzt gelte es, den Entwurf zügig zu beraten, um die Bürger schnell zu entlasten.

Massive Kritik äußerte hingegen die FDP, die schon lange die Abschaffung des Soli verlangt. Ihr Parteivize Wolfgang Kubicki äußerte die Einschätzung, dass der Entwurf verfassungswidrig sei. Die Regierung werde damit „krachend“ in Karlsruhe scheitern. Die Linkspartei hingegen beklagte eine „Politik für Besserverdienende“.

Der Solidarzuschlag war 1991 eingeführt worden. Anfangs betrug er 7,5 Prozent der Einkommens- oder Körperschaftssteuerlast, seit 1998 sind es 5,5 Prozent. Offiziell diente das Geld zur Finanzierung des Aufbaus Ost, jedoch wanderten die Einnahmen immer in den allgemeinen Haushalt. Ostdeutsche Arbeitnehmer mussten die Steuer genauso abführen wie westdeutsche. Mit dem Auslaufen des Solidarpaktes zum Jahr 2020 entfällt allerdings die politische Legitimation für den Aufschlag, so dass es seit längerem schon eine Debatte über die Abschaffung gibt.

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