Hitzige Debatte um Hartz IV für Zuwanderer

Berlin/St Wendel · Unionspolitiker schlagen Alarm, weil die EU-Kommission Deutschland mahnt, die Auszahlung von Hartz-IV-Leistungen an EU-Zuwanderer ohne Job nicht generell abzulehnen. SPD und Grüne mahnen zur Sachlichkeit.

Die Debatte über Sozialleistungen für europäische Zuwanderer ohne Job schlägt weiter Wellen. Die EU-Kommission gerät für ihre Position unter Beschuss der Union. Die Kommission fordert von Deutschland, die Auszahlung von Hartz-IV-Leistungen an EU-Ausländer in jedem Einzelfall zu prüfen und nicht generell abzulehnen. CSU-Chef Horst Seehofer kritisiert dies mit deutlichen Worten. Im Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" wirft er der EU-Kommission vor, die Lebensrealität der Menschen in Europa nicht zur Kenntnis zu nehmen.

"Beinahe jede Woche kommt diese EU-Kommission mit einem Vorschlag, der entweder Arbeitsplätze in Deutschland gefährdet oder die Zustimmung der Bevölkerung zur europäischen Idee", sagte Seehofer. Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) sagte der "Bild"-Zeitung, die Haltung der Kommission sei "völlig inakzeptabel". Beim Neujahrsempfang des CDU-Kreisverbandes St. Wendel wurde Kauder deutlicher. "Wer aus den Nachbarländern zu uns kommen möchte, um uns zu unterstützen und hier zu arbeiten, ist willkommen", sagte er. Nicht willkommen seien hingegen diejenigen, die hierherkämen, um anderen beim Arbeiten zuzusehen.

Die EU-Kommission hatte Ende der Woche in einer Stellungnahme zu einem laufenden Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof Einzelfallprüfungen angemahnt, wenn arbeitslose Einwanderer Hartz-IV beantragen. Ein genereller, auch nur befristeter Ausschluss von Transferleistungen sei nicht mit EU-Recht konform. Das von Andrea Nahles (SPD) geführte Bundesarbeitsministerium hatte dazu erklärt, Deutschland werde die gegenwärtige Rechtspraxis beibehalten, Neuzuwanderer ohne Job von Sozialleistungen auszuschließen.

Der Präsident der EU-Parlaments, Martin Schulz (SPD), schließt eine kategorische Zahlung von Hartz IV für EU-Migranten aus. "Eine Verpflichtung zur bedingungslosen Leistung im Rahmen von Hartz IV für Migranten innerhalb der EU kann und wird von der EU-Kommission für Deutschland nicht zur Auflage gemacht werden", sagte er "Spiegel Online". Die bestehenden sozialhilfe- und arbeitsmarktrechtlichen Voraussetzungen für Migranten innerhalb der EU lägen in den Händen der Mitgliedsstaaten, betonte Schulz.

Die Fraktionschefin der Grünen im Bundestag, Katrin Göring-Eckardt, verteidigte die EU-Kommission in dem Zuwanderungsstreit. "Die Arbeitnehmerfreizügigkeit ist nicht nur eine Grundsäule der EU, sie ist ein Freiheitsversprechen und ein europäischer Wirtschaftsmotor, von dem gerade auch Deutschland sehr profitiert", sagte Göring-Eckardt der "Welt am Sonntag". Die CSU tue so, "als ginge es darum, automatisch, sofort und ungeprüft Sozialkassen zu öffnen und deren Inhalt auszuschütten." Das entbehre jeder Grundlage, sagte Göring-Eckardt.

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