„Dann wäre das Saarland sicher weg“ Nach hitziger Debatte im Landtag – Weg frei für Transformationsfonds

Update | Saarbrücken · Die größte Neuverschuldung des Saarlandes ist beschlossen: Der Landtag hat am Mittwoch über den drei Milliarden schweren Transformationsfonds abgestimmt. In der Debatte zuvor wurde es hitzig.

 Stephan Toscani (CDU) attackierte die SPD-Landesregierung wegen des Transformationsfonds.

Stephan Toscani (CDU) attackierte die SPD-Landesregierung wegen des Transformationsfonds.

Foto: BeckerBredel

Mit den Stimmen der SPD-Mehrheit hat der saarländische Landtag am Mittwoch den viel diskutierten drei Milliarden Euro schweren Transformationsfonds beschlossen. Es ist die größte Neuverschuldung in der Geschichte des Saarlandes. Die Oppositionsparteien CDU und AFD stimmten geschlossen dagegen. Aus dem Fonds sollen Investitionen in den Strukturwandel finanziert werden, wie unter anderem die Umstellung der saarländischen Stahl- und Autoindustrie auf eine klimafreundlichere Produktion. Die überwältigende Mehrheit von 2,8 Milliarden Euro davon wird durch Schulden finanziert. Damit steigt die Gesamtverschuldung des Saarlandes nach Angaben des Rechnungshofes auf etwa 18,1 Milliarden Euro. Ebenfalls eine Rekordsumme.

Im Rahmen der Schuldenbremse ist das nur möglich, weil der Landtag zuvor eine „außergewöhnliche Notsituation“ für das Saarland beschlossen hat. Zwar waren sich SPD und Union einig über die Notlage, nicht jedoch über deren Begründung. Die SPD, deren Antrag sich aufgrund ihrer Mehrheit im Parlament durchgesetzt hat, begründet die Notlage mit der Beschleunigung des Strukturwandels durch den Ukraine-Krieg und den damit einhergehenden Energiepreisschock. Der Fonds wird nun als sogenanntes Sondervermögen als Nachtrag zum Kernhaushalt 2022 verbucht. Die Schulden werden somit zwar haushaltstechnisch im Jahr 2022 verbucht, tatsächlich aber erst nach und nach im Laufe der zehnjährigen Laufzeit des Fonds aufgenommen.

CDU über SPD: „Schulden, Schulden und sonst gar nichts“

Die zweitägige Haushaltsdebatte des saarländischen Landtages war zuvor mit harter Kritik aus der Unions-Opposition gestartet. Oppositionsführer Stephan Toscani (CDU) ging mit der SPD-Alleinregierung hart ins Gericht. Nach einem halben Jahr im Amt sei keine Leitidee der Landesregierung erkennbar.

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Die Leitidee der SPD seien „Schulden, Schulden und sonst gar nichts.“ Wer das Saarland liebe, eine Anspielung auf den Wahlslogan der SPD, der treibe es nicht in den Teufelskreis der Überschuldung. „Die SPD zockt mit der Zukunft unseres Landes“, sagte der CDU-Fraktionsvorsitzende.

Die Debatte dreht sich um den umstrittenen drei Milliarden schweren Transformationsfonds, den die Landesregierung plant und noch heute auf den Weg bringen will. Damit dieser verfassungsgemäß wird, muss zunächst eine „außergewöhnliche Notlage“ festgestellt werden. Dass diese vorliegt, darin sind sich beide Fraktionen einig. Allerdings gehen die Begründungen weit auseinander.

Uneinigkeit, warum „außergewöhnliche Notlage“ herrscht

Die CDU-Fraktion findet, dass es nicht vertretbar sei, den Ukraine-Krieg als Grundlage für die Verschuldung der nächsten zehn Jahre zu nehmen. Die Oppositionspartei begründet die Notlage daher mit den Folgen des Klimawandels, die das Saarland mit seiner Abhängigkeit von Stahl und Automobilindustrie überproportional beträfen.

Die SPD hält diese Begründung allerdings nicht für tragfähig, weil es keine neue Entwicklung sei. Sie stützt die Notlage daher auf den Ukraine-Krieg und den damit einhergehenden Energiepreisschock. Commerçon führt die Investitionen in die saarländische Stahlindustrie als Paradebeispiel an.

CDU hält eine Milliarde für ausreichend - SPD weist Kritik zurück

Außerdem herrscht Uneinigkeit über die Höhe der nötigen Verschuldung. Die CDU hält eine Neuverschuldung von einer Milliarde Euro für ausreichend und generationengerecht. Toscani kritisierte zudem, dass Ministerpräsidentin Anke Rehlinger (SPD) weder konkrete Zusagen aus Brüssel, noch aus Berlin präsentieren könne. Wenn der Strukturwandel an der Saar ein Lackmustest für das Gelingen der Transformation in ganz Deutschland sei, wie Rehlinger und Finanzminister Jakob von Weizsäcker sagten, dann brauche es auch überproportionale Zuwendungen aus dem Bund. Toscani forderte: „Wir wollen mehr als das, was jeder bekommt.“

Der SPD-Fraktionsvorsitzende Ulrich Commerçon wies die Vorwürfe zurück. Den Vorschlag der CDU zerschlug er. Eine Milliarde reiche nicht aus. „Wie soll das gehen? Wo wollen sie sparen?“. Und er wurde noch deutlicher: „Käme Ihr Vorschlag zum Tragen, wäre das Ende der Stahlindustrie an der Saar sicher. Mit ihrem Vorschlag kämen wir überhaupt nicht voran, dann wäre das Saarland sicher weg und das wollen wir verhindern.“ Daher solle die CDU ihre Haltung noch einmal überdenken.

Weiterer Bericht folgt

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