Familienleistungen sollen alle überprüft werden

Berlin. Das Versprechen, die familienpolitischen Leistungen zu überprüfen, ist so etwas wie die Endlosschleife der Politik. Den 152 Einzelbestimmungen mit einem Gesamtvolumen von jährlich 123 Milliarden Euro plus 73 Milliarden Euro für ehebezogene Leistungen steht ein denkbar schlechtes Ergebnis gegenüber: Deutschland ist weltweit eines der Schlusslichter bei der Geburtenrate je Frau

Berlin. Das Versprechen, die familienpolitischen Leistungen zu überprüfen, ist so etwas wie die Endlosschleife der Politik. Den 152 Einzelbestimmungen mit einem Gesamtvolumen von jährlich 123 Milliarden Euro plus 73 Milliarden Euro für ehebezogene Leistungen steht ein denkbar schlechtes Ergebnis gegenüber: Deutschland ist weltweit eines der Schlusslichter bei der Geburtenrate je Frau. Trotzdem wurde an den Gesetzen, darunter so umstrittene wie Ehegattensplitting, Elterngeld oder Betreuungsgeld, wenig verändert. Nun fordert der Deutsche Städte- und Gemeindebund, der Politik das Thema aus der Hand zu nehmen und es Experten zu geben.Von einem "Sozialdickicht, das uns den Atem nimmt" sprach der Präsident dieses Zusammenschlusses der kleineren Städte und Gemeinden in Deutschland, Roland Schäfer, gestern in Berlin. Man müsse endlich klären, ob nicht mit geringeren Mitteln und weniger Anlaufstellen mehr zu erreichen sei. Er schlug die Einrichtung einer unabhängigen Sachverständigenkommission vor. Wenn sie noch in diesem Jahr mit der Arbeit beginne, könne sie zur Mitte der nächsten Legislaturperiode Ergebnisse vorlegen, sodass dann von der Politik entschieden werden könne. Auf diese Weise könne man das Thema auch aus dem Bundestagswahlkampf heraushalten, denn die gesamte Sozialpolitik sei "vermintes Gelände".

Der Vorstoß resultiert zum einen aus der klammen finanziellen Lage vieler Städte. 45 Milliarden Euro kurzfristiger Kassenkredite schieben die Kämmerer vor sich her. Und dann kämen immer neue Sozialleistungen wie das gerade beschlossene Betreuungsgeld hinzu, klagte Schäfer. Hinter der Idee, Experten zu beauftragen, steckt aber auch die Unzufriedenheit mit dem bisherigen politischen Prozess. Schon in der Großen Koalition war 2008 eine Überprüfung angekündigt worden. Das Familienministerium, damals unter Ministerin Ursula von der Leyen (CDU), legte aber außer einem Vorschlag zur Kindergelderhöhung und dem Ausbau der Kinderkrippen nichts vor. Die schwarz-gelbe Koalition erneuerte Ende 2009 zwar das Versprechen einer Gesamtevaluation, doch hat sich die Erledigung dieses Auftrages auch unter Ministerin Kristina Schröder (CDU) immer wieder verzögert. Schröder hat das Vorhaben in elf "Module" aufgeteilt, die sie als Forschungsaufträge nach und nach an verschiedene Institute übergeben hat. Den letzten zu "Familien in der Alterssicherung" erst im vergangenen April. Auf Anfrage teilte das Familienministerium gestern mit, dass erst 2013 mit Ergebnissen zu rechnen sei. Außerdem gehe es nicht um Einsparungen, sondern um "Wechselwirkungen und Interdependenzen". Es sei nie Ziel der Sache gewesen, die Wirksamkeit der einzelnen Maßnahmen zu erheben. Wenn alle Einzelerhebungen vorlägen, würden das Familienministerium und das Finanzministerium eine Gesamtschau vornehmen. "Wir können aber nicht sagen, ob vor oder nach der Bundestagswahl." Wohl eher danach.Foto: gambarini/dpa

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