EU will Frankreich nicht brüskieren

Brüssel. Im Streit um die Abschiebung von Roma-Angehörigen durch Frankreich hüllt sich die EU-Kommission weiter in Schweigen. Ein brisantes Papier mit dem Titel "Die Situation der Roma in Frankreich und Europa" wird weiter offiziell unter Verschluss gehalten, um mit der darin enthaltenen Kritik Paris nicht zu brüskieren

Brüssel. Im Streit um die Abschiebung von Roma-Angehörigen durch Frankreich hüllt sich die EU-Kommission weiter in Schweigen. Ein brisantes Papier mit dem Titel "Die Situation der Roma in Frankreich und Europa" wird weiter offiziell unter Verschluss gehalten, um mit der darin enthaltenen Kritik Paris nicht zu brüskieren. Gleichzeitig aber sorgte man dafür, dass die 25-seitige Zusammenstellung von Justizkommissarin Viviane Reding (Luxemburg, Foto: afp) unter Brüsseler Journalisten verteilt wurde, damit nicht der Eindruck entsteht, die EU schweige zu den Vorgängen. "Die Kommission erwartet von der französischen Regierung detaillierte Informationen", heißt es darin. Man bezweifelt, dass die Roma das Land wirklich freiwillig verlassen, nachdem sie mit 300 Euro pro Erwachsenem und 100 Euro pro Kind ausgestattet wurden. Auch am Freitag zeigten sich die Vertreter der französischen Seite bei einem weiteren Treffen mit der Kommission unnachgiebig. Man habe festgestellt, dass organisierte Banden Kinder, Frauen und Behinderte aus Roma-Camps zu aggressivem Betteln, Diebstahl und Prostitution in Frankreichs Städten eingesetzt würden, verteidigten sich die Abgesandten aus Paris. Deshalb sei die Abschiebung auch mit den EU-Gesetzen vereinbar, da die Betreffenden nachweislich gegen die öffentliche Sicherheit und Ordnung verstießen. Tatsächlich lassen die geltenden Richtlinien, in denen die Freizügigkeit für EU-Bürger und das Diskriminierungsverbot festgeschrieben sind, eine Ausweisung in diesen Fällen zu. Allerdings ist grundsätzlich eine Einzelfallprüfung vorgeschrieben. Paris hat die entsprechenden Dokumente zwar ins eigene Recht übernommen, aber nur unvollständig: Die Pflicht zur Untersuchung jedes einzelnen Vorwurfs fehlt in den Pariser Gesetzen, womit das Vorgehen aus französischer Sicht legal ist.Kein Verfahren gegen ParisDie Kommission sieht das zwar anders, will Präsident Nicolas Sarkozy aber nicht öffentlich angreifen. Am Freitag wurde deshalb zur Vorsicht noch einmal betont, dass man nicht an ein formelles Verfahren gegen Paris wegen Verstoßes gegen die EU-Richtlinien denke. Am Montag treffen nun zunächst in Paris die Innenminister einiger EU-Staaten - darunter auch Deutschlands - zusammen. Am Dienstag will das Europäische Parlament eine Resolution gegen die französischen Ausweisungen verabschieden und nach Darstellung einiger Abgeordneter dabei "deutlicher und mutiger sein als die Kommission".

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