"Eine Öko-CDU ist Augenwischerei"

Frau Künast, eine CDU mit ökologischem Profil - wäre das eine echte Konkurrenz für Ihre Partei?Künast: Ein ökologisches Profil samt der damit verbundenen Glaubwürdigkeit entsteht nicht, wenn man nur darüber redet. Die Bürger müssen das auch so empfinden

Frau Künast, eine CDU mit ökologischem Profil - wäre das eine echte Konkurrenz für Ihre Partei?

Künast: Ein ökologisches Profil samt der damit verbundenen Glaubwürdigkeit entsteht nicht, wenn man nur darüber redet. Die Bürger müssen das auch so empfinden. Ich kann nicht erkennen, wie die Union mit ihrer widersprüchlichen Politik im Umwelt- und Agrarbereich als ökologische Kraft punkten sollte. Alle Kompetenzen, die der Union hier zugewiesen werden, sprechen für das glatte Gegenteil. Die höchste Kompetenz, das sagen sämtliche Umfragen, haben hier die Grünen.

Aber die Bewahrung der Schöpfung ist auch ein Unions-Anliegen.

Künast: Es genügt nicht, die Bewahrung der Schöpfung nur im Herzen zu tragen. Den Sonntagsreden von Unionsleuten über Umwelt und Nachhaltigkeit folgen keine Taten. Und ich sehe auch nicht, dass die Union hier jemals umsteuert. Zu sehr ist sie ihren alten Klientelinteressen in der Wirtschaft verpflichtet.

Aber in der Familienpolitik hat die Union umgesteuert, ebenso bei der Atomkraft.

Künast: Ich kann bei der Union kein Umsteuern in der Familienpolitik erkennen. Die Union pflegt ein Familienbild aus den 50er Jahren - ich sage nur Betreuungsgeld. Sie hinkt bei wichtigen gesellschaftlichen Themen immer hinterher. Ich nenne nur die Gleichstellung homosexueller Paare im Steuer- oder Adoptionsrecht. Das lehnt die CDU ab. Und wieder einmal könnte das Bundesverfassungsgericht die Partei eines Besseren belehren. Daraus erwächst doch keine Glaubwürdigkeit für die CDU.

Mal konkret: Würde sich die Union für eine regionale Nahrungsgüterproduktion engagieren anstatt für Massentierhaltung, würden viele Kleinbauern CDU wählen.

Künast: Aber genau das passiert nicht. Die CDU setzt auf internationalen Wettbewerb und den Nahrungsmittelexport. Nur weil Herr Strobl mal einen Blick aufs Regionale wirft, wird daraus noch lange keine regionale Politik. Beim EU-Gipfel in der kommenden Woche will sich die Kanzlerin gegen zentrale Bestandteile der geplanten EU-Agrarreform positionieren, die die Brüsseler Agrarpolitik ökologischer und gerechter machen soll. All das geht genau in die gegenteilige Richtung. Strobl betreibt pure Augenwischerei.

Sie sehen hier also keine Gemeinsamkeiten mit der Union?

Künast: Nein. Im Agrarbereich schon gar nicht. Die CDU setzt auf Masse, wir auf Klasse. Auch im Energiebereich hält die Union an alten Strukturen und alter Klientel fest, was zu immer höheren Strompreisen führt.

Und wenn es nicht für Rot-Grün reicht: Gehen sie in die Opposition?

Künast: Wir glauben an eine rot-grüne Mehrheit. Niedersachsen hat gezeigt, ein Wechsel hin zu Rot-Grün ist möglich.Foto: dpa

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