Mehrere Jahre Haft Hartes Urteil gegen Spaniens Separatistenführer

Madrid · Der historische Prozess gegen Kataloniens Unabhängigkeitsbefürworter geht zu Ende – und für den Anführer Carles Puigdemont beginnt eine neue Zitterpartie.

Hartes Urteil im „Jahrhundertprozess“ gegen katalanische Politiker und Separatistenführer: Spaniens Oberster Gerichtshof verhängte lange Haftstrafen gegen neun Angeklagte, die für die illegalen Unabhängigkeitsschritte Kataloniens vor zwei Jahren verantwortlich gemacht wurden. Drei weitere Beschuldigte kamen mit Geldstrafen und einem politischen Betätigungsverbot davon.

Der Hauptangeklagte Oriol Junqueras wurde zu 13 Jahren Gefängnis wegen Landfriedensbruchs und Veruntreuung staatlicher Gelder verurteilt. Er war Stellvertreter von Carles Puigdemont, dem katalanischen Ex-Ministerpräsidenten. Junqueras war nach den illegalen Unabhängigkeitsbeschlüssen der Separatistenregierung im Herbst 2017, im Gegensatz zu Puigdemont, nicht vor der spanischen Justiz geflohen.

Gegen fünf weitere katalanische Ex-Minister, die frühere regionale Parlamentschefin und zwei Anführer der außerparlamentarischen Unabhängigkeitsbewegung wurden wegen Landfriedensbruchs Strafen zwischen neun und zwölf Jahren Gefängnis verhängt.

Die Obersten Richter sahen es als erwiesen an, dass die Verurteilten im Herbst 2017 trotz eines Gerichtsverbots ein illegales Unabhängigkeitsreferendum in der zu Spanien gehörenden Region Katalonien organisiert haben. Zudem hätten sie die Bevölkerung zum Ungehorsam aufgerufen und eine formelle Abspaltungserklärung auf den Weg gebracht. Spaniens Verfassung untersagt die Abtrennung eines staatlichen Territoriums.

Das Gerichtsverfahren hatte weltweit Aufsehen erregt und galt als wichtigster Prozess in der Geschichte des demokratischen Spaniens. Die Unabhängigkeitsbewegung hatte von einem „politischen Schauprozess“ gesprochen. Spaniens Regierung betonte derweil, dass das EU-Land Spanien ein Rechtsstaat sei.

Carles Puigdemont, der immer noch bekannteste Kopf der katalanischen Unabhängigkeitsbewegung, saß übrigens nicht auf der Anklagebank. Er war nach Beginn der Ermittlungen nach Belgien geflohen. Dort residiert er seit zwei Jahren in der Nähe Brüssels in einer Villa, die er als „Haus der katalanischen Republik“ bezeichnet. Doch nun könnte es für Puigdemont eng werden: Kurz nach der Verkündung der Urteile schickte der Oberste Gerichtshof in Madrid einen internationalen Haftbefehl an die belgischen Behörden. In der Hoffnung, dass ein Auslieferungsgesuch nach den höchstrichterlichen Urteilen gegen Puigdemonts Mitstreiter nun mehr Erfolg hat, als dies in einem ersten gescheiterten Versuch vor zwei Jahren der Fall war.

Die Gerichtsentscheidung ließ die Spannungen in Katalonien steigen. Der katalanische Ministerpräsident Quim Torra, ein Vertrauter Puigdemonts, rief die Unabhängigkeitsbewegung zu Protesten und zum zivilen Ungehorsam auf. Unmittelbar nach der Urteilsverkündung gingen tausende Unabhängigkeitsbefürworter in Katalonien auf die Straße.

Spaniens sozialistischer Regierungschef Pedro Sánchez warnte Torra davor, Öl ins Feuer zu gießen und die katalanische Region in eine neue Konfrontation zu steuern. „Die Unabhängigkeitsbewegung muss die Gerichtsbarkeit und die Sicherheitskräfte respektieren.“ Andernfalls könne Madrid sich gezwungen sehen, ähnlich wie 2017 mit Zwangsmaßnahmen einzugreifen. Angesichts der Sorge neuer Unruhen schickte Sánchez rund 2000 zusätzliche Polizisten nach Katalonien. Schlechte Zeiten, um eine Lösung für den Katalonienkonflikt zu finden. Obgleich die Meinungsforscher glauben, dass die Separatisten an Rückhalt verlieren. Nach der jüngsten Erhebung des katalanischen Umfrageinstituts CEO, das der Regionalregierung in Barcelona und nicht Madrid untersteht, ging die Zahl der Katalanen, die einen eigenen Staat wünschen, auf 44 Prozent zurück.

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