CSU will sich nicht rechts überholen lassen

Nürnberg · Mit Hohn, Spott und Kritik war die CSU wegen ihrer Deutschempfehlung für Zuwanderer überschüttet worden. Die will Horst Seehofer möglichst schnell vergessen machen.

Horst Seehofer kann den "Raum Kiew" schon bald wieder verlassen. "Ich sehe, das ist hier in guten Händen", sagt der CSU-Chef und zieht weiter. In vier getrennten Foren lässt die CSU vor dem eigentlichen Beginn ihres Nürnberger Parteitages ihre Politik diskutieren. Das zu den Themen Migration und Integration zieht das größte Interesse auf sich. Wegen eines Satzes, den es offiziell gar nicht mehr gibt. Wer dauerhaft in Deutschland leben wolle, solle "angehalten" werden, auch zu Hause Deutsch zu sprechen, hatte es im ursprünglichen Entwurf des Leitantrages nämlich geheißen. Das hatte einen regelrechten Shitstorm ausgelöst, denn der Satz klang nach Sprachpolizei. Im Saal sitzt der Urheber der Protestwelle, Mohamed Amjahid (26), ein Volontär des Berliner "Tagesspiegel". Er hat, sagt er, "aus spontaner Empörung" den Twitter-Aufruf #YallaCSU initiiert. Zehntausende unterstützten ihn bald. Amjahid genießt sichtlich, wie die Partei sich jetzt windet.

In letzter Minute hat die CSU-Spitze den Antrag umformuliert. Nun heißt es, dass die Ausländer "motiviert" werden sollen, Deutsch zu sprechen. Seehofer jedenfalls gibt sich unschuldig an dem PR-Desaster. "Ach, wissen Sie, ich kriege 30 solcher Vorlagen jeden Tag, die ich quer lese", antwortet er auf die Frage, ob er denn nicht gleich erkannt habe, wie brisant der Text war. "Keiner von uns hat das als problematisch empfunden".

Das Ausländerthema ist sehr zentral bei diesem Parteitag. Drastisch gestiegene Flüchtlingszahlen, die Erfolge der AfD und nun die neue rechte Bewegung "Pegida" - die CSU ist stets empfindlich, wenn sich rechts von ihr etwas regt. Zwar nennt Seehofer die "Pegida"-Organisatoren "Rattenfänger, denen man die Stirn bieten muss", doch sagt er auch, dass man die Sorgen der Bürger ernst nehmen müsse. Der nach kurzer Diskussion einstimmig beschlossene Leitantrag nennt als Ziel zwar die Integration der Ausländer, spricht aber eine harte Sprache gegen jene, die sich nicht oder schlecht integrieren: "Wir dulden keine Parallelgesellschaften" steht da und auch: "Wer unsere Gastfreundschaft missbraucht, muss gehen." Landtagsfraktionschef Thomas Kreuzer fordert eine Beschleunigung der Asylverfahren: "Es muss schneller klar sein, wer hier bleiben kann und wer unser Land wieder verlassen muss." Scharfe Angriffe richten sich in Nürnberg wegen der rot-rot-grünen Koalition in Thüringen gegen die SPD . Generalsekretär Andreas Scheuer nennt die Wahl eines linken Ministerpräsidenten in Erfurt einen "Sündenfall" der Sozialdemokraten. Wenn man den Reden trauen darf, dann wird der Ton in der Berliner Koalition jetzt wohl rauer werden. Man sei koalitionstreu, steht im Leitantrag zur Wirtschaftspolitik, der einstimmig angenommen wird. Aber die Umsetzung aller Vorhaben müsse sich daran messen lassen, ob sie wirtschaftsfreundlich sei.

Angela Merkel empfindet das Ganze offenbar als Unterstützung für ihren Kurs. Immer wieder lobt sie bei ihrem umjubelten Gastauftritt die "sehr, sehr gute Zusammenarbeit" zwischen den beiden Schwesterparteien. Auch verspricht sie, dass die Pkw-Maut, eine Herzensangelegenheit der Christsozalen, jetzt kommt.

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